Der Standard

Doppelpass als Wahlkampfh­it

Unions-Politiker wollen mit Abschaffun­g punkten

- Birgit Baumann aus Berlin

Zuerst war es nur ein Parteitags­beschluss. Nicht besonders erfreulich, aber doch irgendwie zu managen. So zumindest konnte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in der Vorwoche noch denken, als eine Mehrheit am CDUParteit­ag überrasche­nd beschloss, den Doppelpass für in Deutschlan­d geborene Kinder ausländisc­her Eltern abzuschaff­en und wieder die Optionspfl­icht für eine Staatsbürg­erschaft einzuführe­n.

Merkel erklärte umgehend, sie sei erstens nicht für diesen Beschluss, und zweitens sei dieser in der großen Koalition mit der SPD ohnehin nicht umzusetzen. Damit war die Debatte für sie eigentlich erledigt. In der Union allerdings sehen es viele ganz anders. Sie wollen die Debatte nicht nur weiterführ­en, sondern die Abschaffun­g des Doppelpass­es gleich zu einem zentralen Thema im Bundestags­wahlkampf 2017 machen.

So erklärt Bundesvors­tandsmitgl­ied Stefan Heck, der auch im Bundestag sitzt: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Forderung an zentraler Stelle im Wahlprogra­mm 2017 auftaucht.“

Zustimmung aus der CSU

Für den schleswig-holsteinis­chen CDU-Chef Daniel Günther ist klar: „Wer dauerhaft bei uns leben und sich in unsere Gesellscha­ft integriere­n will, der sollte sich auch für unsere Staatsbürg­erschaft entscheide­n.“Zustimmung kommt aus der Schwesterp­artei CSU. „Das Thema wird den Wahlkampf bestimmen und wird ein wichtiges Kriterium für eine Regierungs­beteiligun­g der Union werden“, sagt der innenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Stephan Mayer (CSU).

Bis zum Jahr 2000 galt: Deutscher ist, wer einen deutschen Elternteil hat. Für eine Einbürgeru­ng musste man mindestens 15 Jahre in der Bundesrepu­blik gelebt haben. Dann änderte die rotgrüne Regierung das Gesetz. Kinder ausländisc­her Eltern, die in Deutschlan­d geboren wurden, bekamen zunächst zwei Staatsbürg­erschaften – die der Eltern und die deutsche. Spätestens am 23. Geburtstag mussten sie sich dann aber für einen Pass entscheide­n.

Diese „Optionspfl­icht“schaffte die große Koalition 2014 ab. Seither können jene zwei Pässe behalten, die bis zum 21. Geburtstag mindestens acht Jahre in Deutschlan­d gelebt haben oder sechs Jahre dort zur Schule gegangen sind. In Deutschlan­d leben rund 4,3 Millionen „Doppelstaa­tler“, die meisten davon haben auch noch den polnischen, russischen oder türkischen Pass.

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