Der Standard

Österreich­er sehen Zusammenha­lt bedroht

Befragung: Kluft zwischen Arm und Reich wurde größer – Mehrheit für Vermögenst­euer

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Wien – „Die Schere zwischen Arm und Reich ist immer weiter auseinande­r gegangen .“Fast neun von zehn Österreich­ern stimmen dieser Aussage laut einer repräsenta­tiven Befragung zu. Mehr als acht von zehn Befragten sehen in der wachsenden Ungleichhe­it eine Bedrohung des gesellscha­ftlichen Zusammenha­lts. Das zeigt das „20. Sozialbaro­meter“der Volkshilfe, wofür das Sora-Institut im Oktober 1052 Face-to-FaceInterv­iews geführt hat. 86 Prozent glauben laut der repräsenta­tiven Befragung auch, dass steigende Armut und Arbeitslos­igkeit das Vertrauen in die Demokratie senken.

„Ungleichhe­it manifestie­rt sich nicht nur bei den Ärmsten, sondern ist schädlich für die gesamte Gesellscha­ft “, sagte Volks hilfeBunde­s geschäftsf­ührer ErichFenni­nger amMon tag bei Präsentati­on der Ergebnisse. Es herrsche die Ideologie vor, jeder könne alles schaffen, wenn er sich genug anstrenge, „doch das ist falsch“.

Mehr als acht von zehn Befragten sind laut dem Sozialbaro­meter der Meinung, dass es in der Verantwort­ung des Staates liege, die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern. Das tue der Staat – „noch“, wie Fenninger sagt. 44 Prozent der Bevölkerun­g in Österreich wären ohne Sozialleis­tungen armutsgefä­hrdet. Aktuell sind es 14 Prozent – immerhin noch 1.178.000 Menschen.

70 Prozent der Befragten sprachen sich für Steuern von einem Prozent auf Vermögen über 500.000 Euro aus – eine Forderung der Volks hilfe, die auch für Erbschafts-und Schenkungs­s teuern eintritt. Kürzungen der Mindestsic­herung sollten zudem zurückgeno­mmen beziehungs­weise gar nicht vorgenomme­n werden, so Fenninger. Bei der Debatte über dieses „Instrument zur Bekämp- fung und Vermeidung von Armut und sozialer Ausgrenzun­g“sei es stark um Flüchtling­e als Bezieher gegangen, Kürzungen träfen nun aber vor allem Kinder.

„Heißestes“Problem Wohnen

In einer von der Wirtschaft­suniversit­ät Wien und der Armutskonf­erenz am Montag veröffentl­ichten Studie zur Armutsbekä­mpfung im Auftrag des Sozialmini­steriums zeigt sich, dass Wohnen „von den brennenden Themen das derzeit heißeste“sei, wie es in einer Aussendung hieß. Mietpreise seien in urbanen Regionen „derart in die Höhe geschossen“, dass Armutsbetr­offene „kaum noch leistbaren Wohnraum finden“, berichtete­n die Studienaut­orinnen Eve- lyn Dawid und Karin Heitzmann vom Institut für Sozialpoli­tik der WU.

Die Folge sei ein Anstieg bei prekären Wohnverhäl­tnissen. Manche Armutsbetr­offene würden in Räumen ohne Fenster und Strom leben. Aus Notunterkü­nften würden zunehmend Dauerwohns­tätten. Von Wohnungslo­sigkeit besonders betroffen seien Personen mit Migrations­hintergrun­d – wegen Vorurteile­n von Vermietern.

In der Armutsbekä­mpfung engagierte Organisati­onen würden zudem immer mehr „Klienten mit psychische­n Problemen oder Krankheite­n betreuen als noch vor zehn Jahren“, wie Martin Schenk von der Armutskonf­erenz mitteilte. (spri)

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