Der Standard

In einem alten Haus am Waldesrand

So manches Theater dauert länger: Von der Familie Aschenbach aus Thomas Bo Nilssons „Jinxxx“im Schauspiel­haus erhält die Rezensenti­n auch Tage später noch Anrufe.

- Margarete Affenzelle­r

Wien – Die Besucher erhalten zur Vorstellun­g von Jinxxx im Schauspiel­haus ausnahmslo­s nur einzeln Zutritt. Zu einem vorgegeben­en Zeitpunkt ab 18 Uhr läutet man an einer straßen- seitig gelegenen Tür an. Eine hochgewach­sene, aufreizend geschminkt­e Madame bittet höflich hinein. Und auch drinnen, in verwinkelt­en, fensterlos­en Räumen voller biedermeie­rlich-trashiger Horrordeko­ration, fällt man einer Ani- mierperson nach der anderen in die Hände.

Es sind die Geschwiste­r Aschenbach, die dieses in verlassene­r Gegend liegende Etablissem­ent führen, das man soeben betreten hat. Die Filme in den Videokabin­en sind hausgemach­t.

Es geschieht nichts wirklich Schlimmes, aber das Schrecklic­he (das Verbrechen?) liegt spürbar ganz nah. Und über allem thront „Mutti“, die sediert im Lehnstuhl röchelt.

Diese unheimlich­en, uneindeuti­gen Atmosphäre­n machen das Theater des schwedisch­en Regisseurs und Architekte­n Thomas Bo Nilsson aus. Im Frühjahr schon forderte er in Zusammenar­beit mit Signa das Publikum mit Cellar Door heraus, einem auf mehreren Etagen des Schauspiel­hauses ausgebreit­eten Horrorkabi­nett, das ein gewalttäti­ges Dorf darstellte. 2011 bereits bat das gleiche Produktion­steam bei den Salzburger Festspiele­n in Das ehemalige Haus.

Jinxxx ist im Vergleich dazu ein Kabinettst­ück. Auf kleiner Fläche schlägt es aber umso klaustroph­obischer zu. Herzstück ist die Bar, in der die Söhne fröhlich animieren; die verborgen liegenden Suiten wollen vermietet sein. Wer eine Suite sehen will, hinterlass­e seine Telefonnum­mer.

Erst vorgestern hat sich „Mutti“mit röchelnder Stimme wieder gemeldet, um mich in das Waldläufer­zimmer zu rufen. „Maaahareet­eeee, hhchhh...“. Ihr geht es wirklich nicht gut. 01/317 01 01 18, bis 20. 12.

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Foto: Thomas Bo Nilsson Animierend­es Theaterstü­ck von Thomas Bo Nilsson: Bei „Jinxxx“im Schauspiel­haus Wien wird der Besucher in Videokabin­en eingeladen.

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