Rohöl teuer wie seit 1,5 Jahren nicht
Die Zusicherung von Ölförderländern, ihre Hähne zuzudrehen, hat der Opec-Ankündigung mehr Glaubwürdigkeit verliehen, dass sie die eigene Produktion kürzen. Der Ölpreis könnte auf 70 Dollar je Fass steigen.
Wien – Der Preis für Rohöl steigt und steigt. Obwohl die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) mit ihrer Ankündigung, die Ölförderung ab Jänner um knapp 1,2 Millionen Fass am Tag zu verknappen, nicht mehr als ein Versprechen für die Zukunft gegeben hat, kletterte der Preis am Montag weiter und markierte ein 17-Monats-Hoch (siehe Grafik).
Am Wochenende hat sich, wie berichtet, ein Dutzend Ölförderländer mit Russland an der Spitze verpflichtet, weitere 558.000 Fass (je 159 Liter) pro Tag aus dem Markt zu nehmen. „Diese Zusicherung hat die Glaubwürdigkeit der Opec, dass sie ihre Förderung tatsächlich senkt, erhöht“, sagte der Ölexperte der Raiffeisenbank International (RBI), Hannes Loaker, dem STANDARD.
Dem war dem nicht immer so. In den vergangenen 30 Jahren hielten sich die Mitglieder des Ölkartells meist nur zu etwa 60 Prozent an getroffene Zusagen. „Diese Erfahrung ist in den derzeitigen Ölpreisen schon berücksichtigt“, sagte Loaker. „Ginge man davon aus, dass sich alle zu 100 Prozent an die Zusagen halten, wäre der Ölpreis bei 60 Dollar je Fass.“
Auch bei Russland ist generell Vorsicht geboten. Beim letzten Schulterschluss mit der Opec 2001 hat sich Moskau letztlich nicht an gemachte Zusagen gehalten und munter drauflos gefördert. Jetzt geht ein größerer Teil von Beobachtern aber davon aus, dass Russland nicht ausscheren und zumindest einen Großteil der versprochenen 300.000 Fass am Tag aus dem Markt nehmen wird. Höhere Ölpreise kämen auch der klammen russischen Staatskasse zugute, wird betont.
Das Signal auf den Märkten war am Montag jedenfalls bullisch. Im Anschluss an die als „historisch“bezeichnete Einigung zwischen der Opec und einem Dutzend Nicht-Opec-Mitglieder verteuerte sich die Nordseesorte Brent, Preisführer in Europa, um mehr als fünf Prozent auf 57,23 Dollar (54,17 Euro) je Fass. Auch die US-Sorte WTI legte um rund fünf Prozent auf 53,98 Dollar zu. Noch zu Beginn des Jahres lagen die Rohölpreise um rund 70 Prozent tiefer bei knapp 33,50 Dollar je Fass.
Die Frage ist nun, wie geht es weiter? Hannes Loaker von der RBI kann sich vorstellen, dass die Rohölpreise Ende nächsten Jahres auf 60 Dollar und in weiterer Folge auf 70 Dollar marschieren, wenn die noch bestehenden hohen Lagerbestände abgebaut sind. Mittelfristig, will heißen um 2020/21 herum, seien auch Preise von 80 Dollar vorstellbar. Dies deshalb, weil aufgrund der Investitionszurückhaltung bei Ölprojekten, die in den vergangenen Jahren zu beobachten war, mittelfristig zu einem Nachfrageüberhang kommen könne. Etwa 600 Milliarden Dollar ursprünglich geplant gewesener Ölförderprojekte seien wegen Unwirtschaftlichkeit gestrichen oder verschoben worden, sagte Loaker.
Recht viel höher als 80 Dollar werde der Ölpreis dennoch nicht gehen. Bei höheren Preisen kehrten auch wieder jene US-Schieferölproduzenten auf den Markt zurück, die kurzfristig aufgehört haben zu produzieren, weil es sich nicht mehr rentiert hat.