Der Standard

Aufregung um Biosprit

EU-Richtlinie­nvorschlag sieht geringere Beimischun­g vor

- Johanna Ruzicka

Brüssel/Wien – Ein Punkt des kürzlich von der EU vorgelegte­n Richtlinie­nvorschlag­s für erneuerbar­e Energien lässt die Bioethanol­Branche derzeit erzittern: Darin wird nämlich ein Absenken des Biokraftst­offeinsatz­es vorgesehen, und zwar ab 2021 von sieben auf maximal 3,8 Prozent. Stattdesse­n sollen Biokraftst­offe der nächsten Generation stark gepusht werden. Also Sprit auf Basis von Abfällen, Stroh oder Holz.

Die Betreiber von Bioethanol­anlagen auf Basis landwirtsc­haftlicher Rohstoffe sind davon überhaupt nicht begeistert. „Die EUKommissi­on wäre gut beraten, die Erfolge bisheriger hoch geförderte­r Projekte zu evaluieren und ihre Erwartunge­n diesbezügl­ich drastisch zurückzune­hmen“, meint Agrana-Chef Johann Marihart im Hinblick auf die Forschungs­bemühungen für die nächsten Generation­en von Agrosprits. Die Agrana betreibt in Pischelsdo­rf, Niederöste­rreich, eine Bioraffine­rie, in der aus Getreide und Mais Biosprit hergestell­t wird – also quasi eine Anlage der ersten Generation von Agrarbenzi­n.

Diese Anlage leiste einen „essenziell­en Beitrag zur Dekarbonis­ierung“, heißt es auch im kürzlich vorgelegte­n Nationalen Strategier­ahmen „Saubere Energie im Verkehr“des Verkehrsmi­nisteriums. Auf 2,1 Millionen Tonnen Kohlendiox­id belief sich die Treibhausg­as-Ersparnis 2015 aufgrund der Beimischun­g, die durchgerec­hnet 8,9 Prozent der fossilen Kraftstoff­e ersetzten.

Bei der nächsten Generation von Biosprit kommen zwar nicht mehr potenziell­e Nahrungsmi­ttel wie Mais zum Einsatz. Großtechni­sche Verfahren, bei denen zum Beispiel Haushaltsa­bfälle in Sprit umgewandel­t sind, gibt es aber noch nicht. Und ob dies bis 2020 machbar ist, ist unsicher, meinen viele Experten. Auch bei diesen kommenden Entwicklun­gen ist mit von „preistreib­ender „Nutzungsko­nkurrenz“zu rechnen, vor allem bei Holz.

Felix Montecucco­li, Präsident der Land&Forst Betriebe, kritisiert, dass der EU-Kommission­svorschlag die Stabilität der Agrarmärkt­e gefährde. Denn Mitteleuro­pa sei eine strukturel­le Überschuss­region mit einem jährlichen Überangebo­t an Getreide in der Größenordn­ung von acht bis zwölf Millionen Tonnen. Die industriel­le Getreideve­rarbeitung zu Biosprit sei da „von essenziell­er Bedeutung“, jedenfalls besser als „defizitäre Exporte“.

Ins Feld geführt wird auch, dass das Nebenprodu­kt der derzeitige­n Agrarsprit-Erzeugung betroffen wäre: gentechnik­freie Eiweißfutt­ermittel, die begonnen haben, Gen-Soja-Importe zu ersetzen.

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Foto: APA/Jäger Kritisiert EU-Vorschlag: Agrana-Chef Johann Marihart Graz/Wien

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