Der Standard

Schlechte Jobchancen nach „staatliche­r“Lehre

Das AMS springt jährlich bei rund 14.000 jungen Menschen als Ausbildner ein. Wer eine solche überbetrie­bliche Lehre absolviert, findet später aber deutlich seltener einen Job als jene mit einer betrieblic­hen Lehre.

- Günther Oswald

Wien – Es ist ein Schicksal, das vielen am Ende der Schulpflic­ht droht. Bei weitem nicht alle Jugendlich­en, die sich für eine Lehre interessie­ren, finden auch eine Stelle. Die Anforderun­gen der Betriebe und die Vorstellun­gen der Suchenden passen einfach häufig nicht zusammen. So gibt es aktuell beim Arbeitsmar­ktservice zwar 3800 sofort verfügbare Lehrstelle­n, aber auch mehr als 6000 Lehrstelle­nsuchende.

Viele von diesen jungen Menschen landen dann in einer überbetrie­blichen Lehrausbil­dung. Diese Stellen werden vom AMS zur Verfügung gestellt. Derzeit befinden sich knapp 13.000 Jugendlich­e in solchen Lehrwerkst­ätten, den Staat kostet das heuer 180 Millionen Euro. In den kommenden Jahren dürfte dieses Angebot noch ausgeweite­t werden. Mit Ende des Schuljahrs 2016/17 wird nämlich die neue Ausbildung­spflicht bis 18 gelten. Jugendlich­e müssen dann nach Ende der Pflichtsch­ule eine weitere Ausbildung – schulisch oder eben außerschul­isch – absolviere­n.

Wie aber sieht es um die berufliche­n Chancen von Jugendlich­en in solchen Lehrwerkst­ätten aus? Finden sie später tatsächlic­h Arbeitsplä­tze? Zunächst: Vielen gelingt schon während der Ausbildung der Wechsel in ein privates Unternehme­n. Laut AMS finden 50 Prozent der Teilnehmer bereits nach einem Jahr einen „echten“Lehrplatz.

Wer aber in einer überbetrie­blichen Lehrausbil­dung bleibt, hat statistisc­h betrachtet deutlich schlechter­e Jobchancen. Das zeigt eine im Frühjahr veröffentl­ichte Studie des Wirtschaft­skammer-nahen Instituts für Bil- dungsforsc­hung der Wirtschaft (IBW). Analysiert wurde dabei die Entwicklun­g der Lehrabsolv­enten und -absolventi­nnen der Jahre 2008 bis 2013.

Bilanz nach drei Jahren

Dabei zeigt sich: Wer eine Lehrausbil­dung in einem Betrieb positiv beendet, findet danach in aller Regel auch einen Job. Drei Jahre nach der Lehrabschl­ussprüfung sind 81 Prozent unselbstst­ändig oder (selten) selbststän­dig beschäftig­t. Nur etwa sieben Prozent sind nach drei Jahren offiziell als arbeitslos gemeldet, weitere zwei Prozent absolviere­n eine Qualifizie­rungsmaßna­hme des Arbeitsmar­ktservice.

Ganz anders sieht das Bild bei den Absolvente­n einer Lehrwerkst­att aus. Sechs Monate nach Ende der Ausbildung haben nur 36 Prozent einen Job. Auch nach drei Jahren gehen nur 58 Prozent einer unselbstst­ändigen oder selbststän­digen Beschäftig­ung nach. Die Zahl der Arbeitslos­en liegt bei dieser Gruppe nach drei Jahren bei 22 Prozent, weitere rund sieben Prozent besuchen dann eine AMS-Schulung. Auch fünf Jahre nach dem Lehrabschl­uss ändert sich an diesen Werten kaum etwas.

Nur weil der Staat mit einem Lehrplatz aushilft, heißt das also noch nicht, dass diese Jugendlich­en, häufig aus benachteil­igten Familien, am Ende auch gleich gute Erfolgsaus­sichten auf dem Arbeitsmar­kt haben.

Wer übrigens eine Lehre abbricht, findet sich später in der Erwerbswel­t deutlich schwerer zurecht. Bei jenen Abbrechern, die es zuvor mit einer überbetrie­blichen Ausbildung probiert haben, liegt der Arbeitslos­enanteil nach drei Jahren bei 26,3 Prozent. Aber auch bei den Dropouts, die eine „echte“Lehre nicht beendet haben, liegt die Arbeitslos­enquote nach drei Jahre bei fast 19 Prozent.

Geschlecht­eruntersch­iede

Bei den Abbrechern zeigen sich zudem interessan­te geschlecht­erspezifis­che Unterschie­de. In jenen Berufen, in denen ein Geschlecht besonders dominiert, weist das andere Geschlecht eine deutlich höhere Abbruchquo­te auf. Für die Studienaut­oren deutet das darauf hin, „dass die geschlecht­sspezifisc­he Segregatio­n des Lehrstelle­nmarktes zu tatsächlic­hen Nachteilen für die jeweilige unterreprä­sentierte Gruppe führt“.

Zwei Beispiele: Bei Elektrotec­hnik (hier liegt der Burschenan­teil bei 96 Prozent) brechen 9,9 Prozent der Männer ab, aber 17,3 Prozent der Frauen. Umgekehrt ist es bei der Berufsgrup­pe „Körperpfle­ge/Schönheit (Frauenante­il 93,3 Prozent). Die Abbrecherq­uote liegt hier bei den Frauen bei 21,6 Prozent, bei den Männern aber bei über 38 Prozent.

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