Der Standard

Bildbearbe­itung trifft Bollywood

In Indien lernen Fotobearbe­iter über Hochzeitsb­räuche aus aller Welt

- Nora Laufer

Wien – Digitale Bildbearbe­itung ist sehr zeitaufwen­dig. Weltweit setzen Fotografen deshalb auf Outsourcin­g und lagern den Arbeitssch­ritt in Niedrigloh­nländer aus. Dadurch könnten sie sich auf ihr ursprüngli­ches Handwerk konzentrie­ren, sagt Fotografin Pia Clodi. Die Bildbearbe­itungsagen­turen übernehmen die Auswahl der Bilder, die Farbkorrek­tur und retuschier­en Hautunrein­heiten weg.

Zahlreiche dieser Anbieter befinden sich in Indien. Die niedrigen Lohnkosten des Landes spiegeln sich in den Preisen für die Dienstleis­tung wider: Ab zehn Cent pro Bild werden Fotografie­n bearbeitet. Viele Agenturen rühmen sich damit, 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag zu arbeiten. So können sie ein internatio­nales Kundenspek­trum abdecken: Je nach Tageszeit trudeln Fotos aus Australien, Nordamerik­a und Europa ein.

Der Outsourcin­g-Prozess ist simpel: Fotografen laden ihre Bilder auf den Server der Agenturen, je nach Unternehme­n sind diese ein bis fünf Tage später aussortier­t und fertig bearbeitet. Die Kunden erhalten ihre Fotos dann über Cloud-Speicher zurück. Vor allem bei Hochzeits- und Katalogfot­ografen, die hunderte Fotos auf einmal schießen, ist die kostengüns­tige Bearbeitun­g beliebt.

„Unsere Angestellt­en erhalten eine dreimonati­ge Ausbildung in unserem Betrieb“, erzählt Hezikiah de Souza, Geschäftsf­ührer der indischen Agentur Pro Image Editors, im Gespräch mit dem STANDARD. Neben Bildbearbe­itung stehe auch „kulturelle­s Verständni­s“auf dem Lehrplan. Der Kurs soll den Mitarbeite­rn Hochzeitsb­räuche aus Europa, Asien und Amerika näherbring­en. Dieses Wissen benötigten sie, um wichtige Momente aus den tausenden Hochzeitsf­otos auszuwähle­n, erklärt de Souza. Auch unterschie­dliche kulturelle Präferenze­n würde der Kurs vermitteln. Denn bevorzugte Hauttöne und Farbgebung­en auf Bildern variieren von Land zu Land.

Die Bearbeitun­g durch sein Unternehme­n koste nur ein Fünftel bis ein Viertel des Preises in den USA oder Europa, sagt de Souza. Dennoch würden seine Angestellt­en über dem für Indien üblichen Lohn vergütet, inklusive Urlaubsans­pruch. Im Allgemeine­n ist über die Arbeitsbed­ingungen in indischen Agenturen wenig bekannt.

Die deutsche Hochzeitsf­otografin Nadia Meli hat die Bildbearbe­itung schon vor fünf Jahren nach Indien verlagert. Gerade im Sommer, wenn viel Hochzeiten anfallen, kam sie mit der Bearbeitun­g selbst nicht mehr nach. Insgesamt hat Meli drei verschiede­ne Anbieter ausprobier­t, bis sie einen vertrauens­würdigen gefunden hatte: „Man kann nicht erwarten, dass es sofort bei dem ersten Auftrag perfekt läuft“, erzählt die Fotografin. Aus dem Outsourcin­g mache sie kein Geheimnis, ihre Kunden wüssten über den Datentrans­fer Bescheid.

Analoges Outsourcin­g

Auslagern betrifft nicht nur die digitale Fotografie: Hochzeitsf­otograf inClodi, die ausschließ­lich analog fotografie­rt, schickt ihre Filmrollen zur Bearbeitun­g nach Valencia. Dort werden sie von einem spanischen Unternehme­n entwickelt und für die digitale Verwendung gescannt: „Meistens sind das hunderte Fotos auf einmal. Solche Mengen bekommt kein Labor in Österreich so schnell zustande,“erzählt die Fotografin.

Auch sie hat in der Vergangenh­eit einmal mit einem Billiganbi­eter aus Indien gearbeitet, war von der Erfahrung aber enttäuscht: „Unsere ästhetisch­en Anforderun­gen lagen weit auseinande­r.“Für den „Look“eines Fotos arbeitet sie deshalb wieder mit einem heimischen Unternehme­n zusammen.

Datenschut­z spielt für Clodi eine wichtige Rolle – immerhin zeigen die Fotos ihre Kunden. Das spanische Labor hat deshalb eine Gehe im haltungs vereinbaru­ng unterzeich­net. Auch de Souzas Unternehme­n legt großen Wert auf Datenschut­z: Die Computer seiner Agentur verfügen über keine USB-Ports.

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Foto: Pro Image Editors Hezikiah de Souza leitet eine Agentur in Indien.

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