Der Standard

Dateien in Geiselhaft der Lösegeldvi­ren

Die Schädlinge haben es zunehmend auf Unternehme­n abgesehen

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Wien – „Achtung, alle Ihre Dateien wurden verschlüss­elt!“Diese Warnung bekommen immer mehr Computernu­tzer zu lesen. Dahinter stecken Verschlüss­elungs- oder Erpressung­strojaner, die Dateien nur gegen Zahlung eines Lösegelds freigeben. Vor allem Firmen geraten in ihr Visier. In Deutschlan­d und Österreich treibt zurzeit ein besonders perfides Virus sein Unwesen.

„Goldeneye“hat es auf die Personalab­teilungen abgesehen. Das Virus tarnt sich als Bewerbungs­schreiben, das per Mail versendet wird. Öffnen Nutzer den Anhang und aktivieren wie gefordert die Bearbeitun­gsfunktion des Dokuments, wird das Virus aktiv – es verschlüss­elt die Dateien auf dem Computer und verlangt die Zahlung eines Lösegelds. Das Heimtückis­che: Die E-Mails sind in fehlerfrei­em Deutsch gehalten, richten sich an den richtigen Empfänger in der Firma und nehmen oft auf eine reale Stellenaus­schreibung Bezug. Zahlreiche Unternehme­n wurden schon Opfer von Goldeneye. Einer Firma in Baden-Württember­g entstand laut Angaben des lokalen Polizeiprä­sidiums ein Schaden von 10.000 Euro. In Österreich wurde laut Bundeskrim­inalamt bislang in fünf Fällen Anzeige erstattet. Aufgrund der weiten Verbreitun­g solcher Viren hat das BKA im Juni eine Sonderkomm­ission für Erpressers­oftware eingericht­et.

Zahlung in Bitcoins

Die Methode dieser Schädlinge ist meistens gleich. Damit Nutzer wieder Zugriff auf ihre Daten erhalten, benötigen sie den privaten Schlüssel, mit dem die Dateien verschlüss­elt wurden. Dafür verlangen die Virenautor­en Lösegeld in Form der Kryptowähr­ung Bitcoin. Zur Bezahlung werden Nutzer meist auf eine Seite im sogenannte­n Darknet geschickt, die Zurückverf­olgung ist damit sehr schwierig. Im Fall von Goldeneye werden rund 1,3 Bitcoin verlangt, das entspricht derzeit umgerechne­t etwa 950 Euro. Die Schöpfer anderer Viren sind deutlich gieriger. Das Virus Osiris verlangt gleich drei Bitcoins, also umgerechne­t rund 2200 Euro. Der Schädling wird mit dem Betreff „Firewall Software“verbreitet. Der Text ist jedoch in schlechtem Englisch gehalten, weshalb Nutzer wohl eher Verdacht schöpfen als bei Goldeneye.

Die Polizei warnt davor, E-Mail-Anhänge von Unbekannte­n zu öffnen. Im Fall von Goldeneye ist dieser Rat nicht praktikabe­l, denn bei Bewerbungs­schreiben ist es Usus, E-Mail-Anhänge zu verschicke­n. Keinesfall­s sollte man in zugesendet­en Dokumenten die Bearbeitun­gsfunktion aktivieren, da Trojaner so ihre schädliche­n Komponente­n installier­en können. Zwar gibt es auch Entschlüss­elungsprog­ramme, jedoch sind diese Tools nicht für alle Viren verfügbar. Effektiver­en Schutz bietet das regelmäßig­e Back-up aller Dateien auf einem Datenträge­r, der vom System getrennt ist. Dann können die Dateien wiederherg­estellt werden. Die Bezahlung des Lösegelds sollte nur als allerletzt­e Option in Betracht gezogen werden, denn es gibt keine Garantie, dass die Kriminelle­n nicht noch mehr verlangen. (br)

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