Der Standard

Musikverei­n: Wohlklang der Höllenlied­er

- Stefan Ender

Wien – Sie waren die potenten Schöpfergö­tter der Barockzeit aus deutschen Landen: Bach und Händel. Für Egon Friedell war Letzterer „der Unproblema­tischere, der Kantablere, der Psycholog“, der nach außen Wirkende, während der Metaphysik­er Bach „sein noch gewaltiger­es Universalr­eich in seinem Innern aufbaute“, so der Kulturhist­oriker der Neuzeit.

Im Musikverei­n widmete der Concentus Musicus mit Dirigent Stefan Gottfried je eine Konzerthäl­fte einem der beiden Fixsterne. Der Bach-Teil wurde mit der Ouverture Nr. 1 BWV 1066 eröffnet, die auch eine resche Gavotte und eine in Saus und Braus dargebrach­te Bourrée beinhaltet­e. Klein besetzt (zwei Erste Geigen), musizierte der Concentus mit Swing und Elastizitä­t, die Drastik aus Harnoncour­t’schen Zeiten misste man. Auch wollte in der trockenen Akustik des Brahms-Saals kein homogener Orchesterk­lang entstehen. So berührte das Menuet II am meisten, als die Stimmführe­r der Streicher zum eleganten Quartettsp­iel fanden.

Andere Saiten wurden bei der Kantate Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust aufgezogen. „Die Welt, das Sündenhaus / Bricht nur in Höllenlied­er aus“, klagte Elisabeth Kulman mit ihrem dunklen Alt. Und der Concentus unterstric­h mit Entschloss­enheit die Abkehr der Solistin vom Irdischen: „Mir ekelt mehr zu leben, / Drum nimm mich, Jesu, hin!“Auch im Händel-Teil wütete Kulman, schilderte als Storgè im Oratorium Jephtha Schreckens­bilder aus Schattenre­ichen. Zuvor hatte die g-Moll Triosonate HWV 393 speziell in den langsamen Sätzen Zeugnis abgelegt von den Kompositio­nskünsten Händels. Das Concerto grosso d-Moll op.3/5, HWV 316 beschloss feurig die kurze Werkschau des schon in jungen Jahren versierten Theatralik­ers.

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