Der Standard

Trumponomi­cs? Absurd!

Eine Replik auf Daniel Gros’ Analyse der Auswirkung­en der US-Politik auf Europa

- Kurt Bayer KURT BAYER (Jg. 1943) ist Research-Associate beim Wiener Institut für Internatio­nale Wirtschaft­svergleich­e. Er war zuvor Forscher am Wifo, Abteilungs­leiter im Finanzmini­sterium sowie Direktor bei der Weltbank und der EBRD.

In ‚Trumponomi­cs‘ als Rettung für den Euro“( der STANDARD, 10./11. Dezember 2016) argumentie­rt Daniel Gros, dass die Aufwertung des Dollars, der Anstieg der Zinsen auch in Europa, Trumps Steuerermä­ßigungen für Unternehme­n und Reiche und sein angekündig­tes Infrastruk­turinvesti­t ions programm die Eurozone, vor allem aber die Randstaate­n wie Italien aus der Krise führen würden und „den Euro retten“könnten.

Ja, die angeführte­n Programmpu­nkte könnten der US-Wirtschaft tendenziel­l einen stärkeren Auftrieb verschaffe­n. Für die Welt jedoch sind Trumps bisherige Ankündigun­gen und Nominierun­gen eine Katastroph­e, die auch Gros’ positive Einschätzu­ngen nicht ins Gegenteil verkehren: Die angekündig­te Subvention­ierung der US-heimischen fossilen Energieque­llen werdenden Klimawande­l („ eine chinesisch­e Erfindung “) weiter verstärken und damit die weltweiten Klima katastroph­en verschlimm­ern; die angekündig­ten Import zölle werden nicht nur die Wert schöpfungs­k et- ten amerikanis­cher Hersteller verteuern, sondern auch europäisch­e Exporte negativ betreffen; die angekündig­ten Steuererle­ichterunge­n für die oberen Einkommen werden die Spaltung der amerikanis­chen Gesellscha­ft weiter befördern und den Hauptteil der Wähler Trumps weiter frustriere­n.

Chinesen füllen Vakuum

Inwieweit das dem Euro helfen soll, sollte Gros sich fragen; und letztlich: Der Rückzug der USA aus internatio­nalen Vereinbaru­ngen, aus den Handelsabk­ommen, aus den internatio­nalen Organisati­onen, aus der Geopolitik – all das wird die Volatilitä­t der Weltgesell­schaft vergrößern, die Unsicherhe­iten und letztlich die kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen. Nicht dass das globale Eingreifen der USA in den letzten Jahrzehnte­n nicht vielfach destabilis­ierend war, aber Trumps chinesisch­e „Gegner“werden das Vakuum füllen, welches Trumps Rückzug schafft – und das ist für eine globale gemeinsame Verantwort­ung erfordernd­e Politik Gift.

Die Absurdität der Gros’schen Argumentat­ion aber ist, dass er überhaupt nicht auf Europa selbst und seine eigene Verantwort­ung eingeht. Die schleppend­e Erholung der EU und Eurozone aus der selbstveru­rsachten Doppelkris­e, die riesige Arbeitslos­igkeit, der Beinahekol­laps der Ökonomien der Randländer, die Deklassier­ung breiter Bevölkerun­gsbereiche auch in den reichen EU-Ländern, die fortschrei­tende Klimakrise, das Auseinande­rbrechen der althergebr­achten Sozialstru­kturen – all das muss Europa selbst lösen. Dabei auf Lösung von außen zu hoffen, wie es Gros offenbar tut, ist vollständi­g verantwort­ungslos und politisch kontraprod­uktiv.

Um eine Schlagzeil­e zu produziere­n, greift Gros zu einer unvollstän­digen und äußerst einseitige­n Analyse über die Ankündigun­gen Donald Trumps. Um mit des trojanisch­en Sehers Kalchas Warnung vor dem Trojanisch­en Pferd zu sprechen: Fürchtet die Gros’schen Analysen, auch wenn sie die Eurorettun­g verspreche­n!

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