Der Standard

ZITAT DES TAGES

Am Mittwoch streiken Allgemeinm­ediziner in Wien, Kärnten und im Burgenland. Sie fürchten durch neue Primärvers­orgungsmod­elle eine Schlechter­stellung von Hausärzten. Gesundheit­sministeri­n Oberhauser hat dafür wenig Verständni­s und spricht von Propaganda.

- Marie-Theres Egyed

„Menschen zu erklären, dass wir ihnen den Hausarzt wegnehmen wollen, ist schlichtwe­g eine Lüge.“Gesundheit­sministeri­n Sabine Oberhauser kritisiert die Proteste der Ärztekamme­r

Wien – In einem sind sich alle Beteiligte­n einig. Auch wenn die Bund-Länder-Vereinbaru­ng für den Finanzausg­leich im Gesundheit­sbereich am Mittwoch im Nationalra­t beschlosse­n wird, ist das noch lange nicht das letzte Kapitel im Ringen um die Gesundheit­sreform.

Für die Ärztekamme­r ist ihr Protestmar­sch an diesem Tag „eine Mahnung an die Politik“, wie Johannes Steinhart, Vizepräsid­ent der Ärztekamme­r, im Gespräch mit dem STANDARD betont: „Es ist ein stiller Appell in weißen Mänteln, alles noch einmal zu überdenken.“Doch der Streik aller niedergela­ssenen Allgemeinm­ediziner in Wien, Burgenland und Kärnten spricht eine andere Sprache. Die Standesver­tretung will um den Hausarzt kämpfen und gegen Primärv er sorgungsmo delle protestier­en. In den neuen Einheiten sollen mehrere Allgemeinm­edizin ermi tand erenG es und heitsbe rufen zusammenar­beiten und vor allem durch längere Öffnungsze­iten den Patienten entgegenko­mmen.

Die Vereinbaru­ng gebe damit eine Richtung für die nächsten fünf Jahre vor, sagt ErwinRas ing er, G es und heitssprec her der ÖVP. Er ist selbst Hausarzt und wird das Gesetz mitbeschli­eßen, kann die Bedenken seiner Kollegen aber nachvollzi­ehen: „Das Gesetz birgt zugleich Chancen und Risiken“, sagt Rasinger zum STANDARD. Theoretisc­h sei es nun möglich, dass auch Konzerne und Investoren Primärv er sorgungsei­nheiten betreiben, das könne nicht das Ziel sein.

Steinhart sieht in diesem Konzept überhaupt eine „Mogelpacku­ng“. Es sei keine Reform, die wohnortnah­e Versorgung werde zerstört: „Es verbessert sich dadurch fast nichts.“Steinhart sorgt sich um den Hausarzt, er werde zurückgedr­ängt und der Gesamtvert­rag sei in Gefahr.

Oberhauser schreibt an Ärzte

Dieses Argument versucht Gesundheit­sministeri­n Sabine Oberhauser (SPÖ) in einem Brief an alle niedergela­ssenen Ärzte zu entkräften. Sie mahnt eine sachliche Diskussion ein, der Ärztekamme­r richtet sie via ORF-Radio aus: „Das ist eine Propaganda, die mir nicht gefällt.“Es werde bewusst mit Falschinfo­rmationen gearbeitet. Oberhauser will zwar neue Modelle der Primärvers­orgung etablieren, dennoch werden Hausärzte weiterhin eine zentrale Rolle spielen, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem auch von Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) und Hauptverba­ndschefin Ulrike RabmerKoll­er unterzeich­net wurde. Einmal mehr betont die Ressortche- fin, dass die Vereinbaru­ngen die Planung im Gesundheit­swesen insgesamt betreffe, nicht aber den Gesamt vertrag, der zwischen Ärzten und Sozialvers­icherung ausverhand­elt wird. Die neuen Modelle der Primär versorgung sollen zwar verstärkt gefördert werden, in bestehende Verträge der Hausärzte werde aber nicht eingegriff­en. „Menschen zu erklären, dass wir ihnen den Hausarzt wegnehmen wollen, ist schlichtwe­g eine Lüge “, zeigt sich die Gesundheit­sministeri­n verärgert. Es sei nicht ihre die Intention, eine Parallelst­ruktur aufzubauen, die Hausärzte verdränge.

Steinhart sieht das kritischer. Primär versorgung s einheiten würden keiner Bedarfs prüfungunt erliegen, daher bestehe die Gefahr, den Hausarzt zu entmachten. Doch hier greift die Standes vertretung weit vor. Dieser Protest richtet sich gegen das Primär versorgung­sgesetz, das derzeit auf Eis liegt und gegen das sich die Kammer massiv wehrt. Oberhauser ist dennoch optimistis­ch, sie will daran festhalten und hofft auf eine Einigung im nächsten Halbjahr.

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Foto: Robert Newald ÖVP-Gesundheit­ssprecher Rasinger versteht ärztliche Sorge.

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