An einer neuen Bürokultur arbeiten
Herausforderungen an das Personalmanagement in neuen Arbeitswelten
Wien – Jeden Tag von 9 bis 17 Uhr am selben Schreibtisch im selben Gebäude zu sitzen – für mehr und mehr Menschen spiegelt dieser Trott kein praxisnahes Arbeitsmodell mehr wider. „Die Teams werden virtueller“, sagt Barbara Covarrubias Venegas, Forscherin und Lektorin am Institut für Personal & Organisation der Fachhochschule Wien der WKW, die von der Wirtschaftskammer Wien und vom Fonds der Wiener Kaufmannschaft getragen wird.
Neue Technologien verändern die Art der Zusammenarbeit. Teams können über den ganzen Globus verteilt an Problemstellungen arbeiten. Die Veränderung berge aber nicht nur Vorteile, sondern fordere auch die Unternehmen. „Es ist ein großes Thema für die Unternehmenskultur“, sagt Covarrubias Venegas.
Es kann etwa dazu führen, dass Mitarbeitern mehr Selbstständigkeit zugestanden wird. Nur mehr ein Erreichen der Ziele ist relevant und wird überprüft, der Weg dahin bleibt den Arbeitskräften selbst überlassen. „In diesem Zusammenhang stellt sich etwa die Frage, wie auch die Führungskräfte auf diese neue Arbeitswelt vorbereitet werden können“, so die Forscherin, die mit ihren Kollegen untersucht, wie der Human-Ressources-Bereich eines Unternehmens den Wandel in der Arbeitswelt begleiten und die Belegschaft fit für neue Arten des Zusammenarbeitens machen kann.
Der Wandel ist vielschichtig: Covarrubias Venegas und Kollegen von der FH Wien haben gemeinsam mit der Plattform „Das neue Arbeiten DNA“und Kooperationspartnern aus der Praxis ein empirisch validiertes Reifegradmodell entwickelt, das Unternehmen im Wandel der Arbeitswelten Orientierung geben soll.
Alle Branchen betroffen
Die Unternehmensstrukturen werden unter anderem durch Mitarbeiterbefragungen darauf hin analysiert, wo sie stehen. „Damit kann man das eigene Unternehmen im Vergleich zu einem Durchschnittsmodell verorten“, erklärt die Forscherin. „Wir gehen davon aus, dass die Flexibilisierung für alle Branchen relevant ist.“
Auch die Arbeitsumgebung in den Unternehmen vor Ort wird zunehmend anders gedacht: Firmen ziehen nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeiter im stärkeren Maß in die Gestaltung mit ein, sondern tragen auch den je- weiligen Tätigkeiten Rechnung: Zonen, wo ruhiges konzentriertes Arbeiten möglich ist, unterschieden sich von jenen, wo gemeinsame Tätigkeit und Austausch oder weniger anspruchsvolle Arbeit im Vordergrund steht.
Neben der Technologie und den Orten verändert sich aber auch das soziale und organisatorische Miteinander: „In einer neuen, komplexer werdenden Unternehmensumwelt gibt es eine Abkehr von den konventionellen bürokratisch-hierarchisch organisierten Organisationen“, so Covarrubias Venegas. Nicht nur in jungen Start-ups, auch in großen Unternehmen und Konzerne werden Hierarchien flacher und Strukturen flexibler. Der Begriff Intrapreneurship ziele etwa darauf ab, das unternehmerische Verhalten aller Mitarbeiter im Unternehmen zu fördern.
Auch in Österreich gebe es durchaus bereits Best-PracticeBeispiele für eine neue Arbeitskultur, die von Partizipation und flachen Hierarchien geprägt ist. Für Covarrubias Venegas sind etwa das Grazer Messtechnikunternehmen Dewetron oder der Wiener Industrieelektronikspezialist Tele Haase gute Beispiele dafür. (pum)