Obama droht Russland wegen Hacking mit Revanche
Die Ankündigung ist eindeutig, der Inhalt nicht: Die USA könnten „an einem Ort und zu einem Zeitpunkt unserer Wahl“auf angebliche russische Einflussnahme auf die US-Präsidentschaftswahl reagieren, sagt Präsident Barack Obama. Über das Wie wird spekuliert.
Washington – Der Ton der US-Regierung im Streit um möglichen russischen Einfluss auf die Präsidentschaftswahl wird rauer. In einem Interview mit dem Radiosender NPR kündigte Präsident Barack Obama eine „Reaktion“seines Kabinetts an. „Wenn eine ausländische Regierung versucht, die Glaubhaftigkeit der Wahl zu untergraben, müssen wir handeln. Das werden wir – an einem Zeitpunkt und Ort unserer Wahl“.
Dass es entsprechende Versuche gegeben habe, steht für Obama außer Zweifel. Schon Wochen vor der Wahl am 8. November hatten die 17 Geheimdienstorganisationen der USA in einem gemeinsamen Statement eine russische Urheberschaft der Hacks gegen die Kampagne Hillary Clintons vermutet. Vor einer Woche dann meldeten US-Medien unter Berufung auf anonyme Quellen aus dem Geheimdienst, Moskau habe versucht, für Donald Trump zu intervenieren. Am Donnerstag sprach der TV-Sender NBC dann ebenfalls unter Verweis auf anonyme Geheimdienstquellen von einem direkten Auftrag des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Zweifel am Einfluss
Ob die Veröffentlichungen tatsächlich von Einfluss waren, ist umstritten. Demokraten verweisen auf den knappen Ausgang in den entscheidenden Staaten Michigan, Pennsylvania und Wisconsin. Obama gab sich vorsichtig: „Man weiß nie, welche Faktoren entscheidend sind. Aber ich habe keinen Zweifel, dass es einen Einfluss gab“. Geschichten „um Mails, die Clinton Foundation und Tratsch rund um die Demokraten“hätten aber statt Sachthemen die Berichte dominiert.
Russland hat die Meldungen über Einflussnahme stets zurückgewiesen, zuletzt am Freitag als „unanständig“. Auch Trump hat Zweifel an den Geheimdienstberichten geäußert. Nach einem Be- richt der New York Times soll er im Kreis seines Übergangsteams den Verdacht geäußert haben, die CIA versuche die Legitimität seiner Präsidentschaft zu untergraben. Er sieht einen Zusammenhang mit angeblichen Versuchen seiner Gegner, seine Wahl durch das Wahlmännergremium am 19. Dezember doch noch zu verhindern.
In einer Rede vor Anhängern griff er am Donnerstagabend den Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, an, weil dieser es als „offensichtlich“bezeichnet hatte, dass die Veröffentlichung der Clinton-Mails Trump geholfen hätten. Earnest sei „dümmlich“und beruflich unfähig, so Trump. Kurz zuvor hatte sein Ärger über Medien die Zeitschrift Vanity Fair getroffen, die sich über ihn lustig gemacht hatte: Diese sei „ganz Dieser Weihnachtsmann hat Donald Trump gewählt. Ob Berichte über Hillary Clintons E-Mails dafür ausschlaggebend waren, ist nicht bekannt. weit unten, in großen Schwierigkeiten, tot“, ihr Chefredakteur „Graydon Carter, kein Talent, ist bald raus“, so Trump auf Twitter.
Bei einer Mehrheit der Wähler haben jedenfalls die Hacking-Vorwürfe bisher wenig Eindruck hinterlassen. Laut einer Befragung für Fox News sehen nur zehn Prozent der Befragten einen „großen Einfluss“; 20 weitere einen „gewissen Einfluss“der Hacks auf den Wahlausgang, und zwar trotz historisch niedriger Zustimmungsraten zu Trump insgesamt: 47 Prozent haben demnach einen Monat nach seiner Wahl ein positives Bild von ihm, 51 Prozent nicht.
Offen blieb, wie die von Obama angekündigte „Reaktion“aussehen könnte. Laut US-Medien versuchen Geheimdienste mehr zur Herkunft von Putins Privatvermögen von angeblich 85 Milliarden Dollar (81 Mrd. Euro) herauszufinden. Weil viele Russen politische Korruption aber als „normal“hinnähmen, suche man auch andere Möglichkeiten. Es könnte etwa darum gehen, Putin „schwach aussehen zu lassen“. (mesc, red)