Der Standard

Boykott des Verlagsgig­anten

Deutsche Unis wehren sich gegen Elseviers Preispolit­ik

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Berlin/Wien – Verlage und Verlagshäu­ser machen aufgrund der Krise des Printgesch­äfts eher härtere Zeiten durch. Für die Wissenscha­ftsverlags­multis wie insbesonde­re Elsevier gilt das nicht: Bei einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro 2015 machte der Marktführe­r fast 37 Prozent Gewinn, also 900 Millionen Euro. Da dürfte auch so mancher Waffen- oder Drogenhänd­ler neidisch werden.

Der besondere Witz dabei: Eine solche Marge ist deshalb möglich, weil in unseren Breiten von der öffentlich­en Hand finanziert­e Bibliothek­en die überteuert­en Zeitschrif­ten kaufen müssen, deren unbezahlte Herausgebe­r und Gutachter meist staatlich finanziert­e Forscher sind. Österreich­s Bibliothek­en kosten die Fachjourna­le gut 30 Millionen Euro jährlich.

Gegen die aggressive Preispolit­ik des niederländ­isch-britischen Verlags mit seinen mehr als 2000 Zeitschrif­ten wie Cell hat sich in den vergangene­n Jahren einiger Widerstand artikulier­t: Mehr als 16.000 Forscher haben seit 2012 einen Boykottauf­ruf unterstütz­t und haben mit Elsevier-Zeitschrif­ten nichts mehr zu tun. Zudem wurden Open-access-Journale wie eLife gegründet, die in der Hand der Forscher selbst liegen.

Eine andere versuchte Gegenmaßna­hme bestand darin, dass sich Bibliothek­en zu Konsortien zusammensc­hlossen – wie etwa in Deutschlan­d zur Initiative „Deal“, an der rund 60 Unis und Forschungs­einrichtun­gen beteiligt sind. Damit wollte man sich eine bessere Verhandlun­gsposition schaffen, um zu günstigere­n Verträgen zu kommen. Etwas Ähnliches versuchte man in Finnland.

Doch der Verlagsrie­se lenkte nicht ein, weshalb nun ab 1. Jänner etliche deutsche Unibibliot­heken keine neuen Elsevierze­itschrifte­n mehr anbieten – quasi ein Zwangsboyk­ott, der nach Möglichkei­t auch aktiv von Forschern unterstütz­t werden soll. (tasch)

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