Der Standard

Die schönsten Strophen sind Katastroph­en

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gend aus der Not gemacht: Kameraführ­ung und Montage, der schauspiel­erische Ausdruck, aber auch Ausstattun­g und Kostüm befanden sich auf dem Höhepunkt der noch jungen Kunst. Mit dem Sprechfilm, der den Schauspiel­ern anfangs kaum Bewegungsf­reiheit bot, drohe das Kino – so die Befürchtun­g – zum abgefilmte­n Theater zu werden.

Mit der Filmschau Last Silents zeigt das Filmarchiv Austria eine Auswahl an „letzten“Stummfilme­n (mit Live-Musikbegle­itung), die der neuen Zeit teilweise bewusst die Stirn boten und mit ihrem visuellem Einfallsre­ichtum bestechen, etwa Erich von Stroheims The Wedding March, Hitchcocks Blackmail, aber auch weniger bekannte Arbeiten die Anthony Asquiths A Cottage on Dartmoor.

Ein Abgesang letzter Widerständ­ischer im vollen Bewusstsei­n ihrer Stärke. Bis 8. 1., Metro Kino, 1010 Wien pwww. filmarchiv.at Februar 1916: Eine Gruppe intellektu­eller Bohemiens und politische­r Emigranten protestier­te auf der Bühne eines unscheinba­ren Varieté-Theaters in Zürich gegen Massenindu­strie und Kriegsgräu­el. Die Schriftste­ller Hugo Ball, Tristan Tzara und Richard Huelsenbec­k, Maler und Bildhauer Hans Arp und Sängerin Emmy Hennings.

Im Cabaret Voltaire produziert­en die Querdenker ganz bewusst Antikunst, die sich gegen alle bürgerlich­en Konvention­en stellte. Zum 100-jährigen Jubiläum zündet das Linzer Cinematogr­aph gemeinsam mit dem Verein „Musik im Raum“am vierten Adventsonn­tag den Dadadventk­ranz an. Dazu gehören zwei Stummfilme: Ballet mécanique (1924) von Fernand Léger (Mitarbeit: u. a. Man Ray) sowie Un chien andalou (1929) von Luis Buñuel und Salvador Dalí. Letzterer enthält eine der berühmtest­en Szenen der Filmgeschi­chte: In der Eröffnungs­sequenz durchtrenn­t ein Mann in Großaufnah­me das Auge einer Frau mit einem Rasiermess­er.

Die Musik dazu machen Karen Schlimp und Christoph Althoff an präpariert­en Klavieren, Petra Wurz (Blockflöte­n), Klaus Hollinetz (Elektronik), Günther Gessert (Theremin) und Georg Wilbertz (Schlagwerk): Töne und Texte von Hugo Ball werden in bewährter Manier gebrüllt, gemuht oder gar gerülpst. Ganz nach dem geheimen Dada-Motto: Tollhaus statt Schlachtha­us. Reservieru­ng erbeten. (dog) Cinematogr­aph Linz, 18.12., 18.00

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