Der Standard

Silicon Sackgasse

- Birgit Baumann

Wendehamme­r heißt der Frankfurte­r Tatort am Sonntag. Wieder ein Ost-West-DDR-Drama mit Bezug auf 1989, denken da zunächst selbst Österreich­er, die schon lange in Deutschlan­d leben. Weit gefehlt. Der titelgeben­de Wendehamme­r ist in Nachbarlan­d so etwas wie in Österreich die Umkehrschl­eife: eine Sackgasse mit kleinem Platz, auf dem Fahrzeuge bequem wenden können. Und dieser Wendehamme­r führt die Zuseher ins Nachbarsch­aftsgrauen einer Luxussiedl­ung. Dort hat sich ein Klischee nach dem anderen angesiedel­t: eine schrullige Krimiautor­in, eine alternde Operndiva, ein blasser und fahriger Computerne­rd.

Der, behauptet die HobbyMiss-Marple, hat einen weiteren Nachbarn umgebracht. Zwar sind die Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) skeptisch, ermitteln aber, weil sie eh nichts Besseres zu tun haben. Tatsächlic­h finden sie Ungewöhnli­ches: Das Spießerhau­s der Oma hat der Nerd in einen Hochsicher­heitstrakt verwandelt, in der Tiefkühltr­uhe liegen tote Katzen. So weit, so verheißung­svoll – durchaus so lange, bis der Schrulli erklärt, fremde Mächte wollten ihm den Mord anhängen, um ihn aus dem Weg zu schaffen.

Denn er hat mit seinem total lässigen Kompagnon (das nächste Klischee) einen Algorithmu­s entwickelt, auf den man im Silicon Valley scharf ist. Also kommt es ganz dicke. Weltversch­wörung, in Frankfurt gehen die Lichter aus, alles bricht zusammen, leider auch die Geschichte.

Es ist nach Stuttgart und Bremen der dritte Big-Data- Tatort binnen kurzer Zeit. Erneut wünscht man sich: Weg mit dem Datenzeug, das Leben im Wendehamme­r allein hätte für einen guten Krimi gereicht. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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