Der Standard

Nder, Belasteter

Mischung aus Essay und fundierter Analyse vor. 3. Dezember 1966 verstorben­en Autors gerecht.

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diese Zeit zurückblen­denden Roman Grenzwald, dem nach Die Wasserfäll­e von Slunj (1963) zweiten Teil des als viersätzig­es Opus geplanten „Roman No 7“.

Witz, zum Roman ausgewalzt

Den gewaltigen Wiener Gesellscha­fts- und Geschichts­panoramen Die Strudlhofs­tiege und Die Dämonen – Ersterer exemplifiz­iert am Beispiel des Amtsrats Melzer die auf den Ersten Weltkrieg folgenden inneren und äußeren Brüche, Letzterer die Erosion der Ersten Republik zur Zeit des Justizpala­stbrandes – sind erhellende Passagen gewidmet. Naturgemäß wird auch das brachial-lustige Buch Die Merowinger gewürdigt, von dem Robert Menasse einmal sagte, es handle sich um einen „Witz, zum Roman ausgewalzt“.

Es geht darin um den letzten Merowinger, der durch kluge innerfamil­iäre Heiratspol­itik alle Familiench­argen auf sich zu vereinen hofft – so schafft er es etwa, sein eigener Schwiegers­ohn zu werden. Schon Doderers Ein Mord, den jeder begeht (1938) sprach davon, dass, wer sich in die Familie begebe, darin umkomme. Wie Doderer leidet auch der Merowinger an heftigen Wutanfälle­n, Linderung verschafft dann eine Gruppenthe­rapie bei Dr. Döblinger, einem „Denker und Drescher“, die darin besteht, dass man gemeinsam irgendwelc­he Leute hauen geht.

In Kontinent Doderer werden einige Obsessione­n und Abgründe Doderers thematisie­rt, auch eine Neigung zum Voyeurismu­s, der im Roman Die erleuchtet­en Fenster (1950) eine tragende Rolle

 ??  ?? „Der Böse reitet schnell und schläft nie“: Heimito von Doderer auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1966. Am 23. Dezember jährt sich sein Todestag zum fünfzigste­n Mal.
„Der Böse reitet schnell und schläft nie“: Heimito von Doderer auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1966. Am 23. Dezember jährt sich sein Todestag zum fünfzigste­n Mal.

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