Der Standard

Entweder-oder: Der Weg in die Sackgasse

Exklusion als Grundlage des Denkens, Fühlens und Handelns ist kein guter Ratgeber mehr

- Norbert Pauser

Wien – In diesen unsicheren Zeiten sind Rückgriffe auf überkommen­e Führungsmo­delle fatal. Problemati­sch ist, dass laufend auch neue Modelle herhalten müssen, um den Status quo vielleicht doch noch erhalten zu können. In Organisati­onen bedeutet das allzu oft: Es soll sich alles ändern – nur ändern soll sich nichts. Was wird passieren, wenn wir weiterhin mit den alten Mitteln versuchen die neuen Anforderun­gen zu bewältigen?

Der da wie dort lauter werdende Ruf nach neuen „Führern“ist die beunruhige­nde Antwort auf mangelnde Fähigkeit zur Diversifiz­ierung. Ist Führung in der Krise das Führen aus der Krise? Die Chancen stünden nicht schlecht. Zeigt es sich gegenwärti­g womöglich genau umgekehrt?

Führungsau­fgaben unterschei­den sich in keiner Weise von gesellscha­ftlichen oder innerpsych­ischen Bewältigun­gsversuche­n von zuletzt enorm verdichtet­en Anforderun­gen. Es gibt Versuche, der Komplexitä­t einen Riegel vorzuschie­ben. Und dann noch einen. Oder durchlässi­ger zu werden, allerdings nicht im Sinn der Perforieru­ng – der bedrohlich­en Durchlöche­rung –, sondern in Form neuer (Kooperatio­ns-)Möglichkei­ten.

Im Führungsal­ltag würde das dann bedeuteten: Sich Platz nehmen bzw. erobern ist die eine Sache. Platz einzuräume­n eine ganz Führen ist menschlich andere. Jemandem gar den Platz anzubieten? Das setzt (Selbst-)Sicherheit voraus. Oder: über andere Bescheid zu wissen. Zu wissen, wer sie sind. Das fällt (vermeintli­ch) meist nicht schwer. Zu wissen, wer ich selbst bin, ist die schwierige­re Aufgabe, erleichter­t dafür den Umgang mit anderen deutlich.

Führungskr­äfte haben in der Regel eine geschärfte Auffassung­sgabe. Sie analysiere­n, erkennen und justieren. Eine Führungstu­gend der Komplexitä­t ist das Ermögliche­n. Ziele auf anderen Wegen zu erreichen ist herausford­ernd genug. Teilhabe an der Zielformul­ierung zu ermögliche­n ist eine Leistung, die bloß jene erbringen, die sich auch einmal zurücknehm­en. Klingt alles nicht nach martialisc­her Ellbogente­chnik?

Woran mangelt es in der Praxis? Exklusion als Grundlage des Den- 10. Teil kens, Fühlens und Handelns ist offensicht­lich kein guter Ratgeber mehr. Auch wenn es gegenwärti­g zu Rückgriffe­n kommt. Führung ist nach wie vor – besonders in Österreich – männlich. Vielmehr die Mutmaßung davon, was Männlichke­it ist.

Zuhören, Nachfragen, Empathie oder Kritikfähi­gkeit sind nicht Zeichen von Schwäche. Führen in dieser Welt bedeutet, sich einer selbstkrit­ischen Reflexion unterziehe­n zu können. Es bedeutet die Balance zwischen verschiede­nen, teils einander scheinbar gegenübers­tehenden Anforderun­gen zu finden. Auf der Klaviatur der Diversität anfangen spielen zu wollen. Die eigene Lebensführ­ung zu hinterfrag­en. In Einklang mit dem Tun zu bringen. Alternativ­en gibt es bereits. Das macht Führung nun nicht notwendige­rweise weiblich, denn stereotype Entweder-oder-Zuschreibu­ngen führen da und dort erst in die Führungssa­ckgasse. Führung ist menschlich. Das ist und bleibt der größte ausständig­e Paradigmen­wechsel.

NORBERT PAUSER ist Bildungswi­ssenschaft­er, Experte für Diversität und Inklusion. pwww. diversity-inclusion.at ben an, dass Männer selbstbewu­sster auftreten, entschluss­freudiger und risikobere­iter seien. Knapp 20 Prozent waren der Meinung, dass Männern schneller eine Chance gegeben würde, während Frauen stärker um Unterstütz­ung (zum Beispiel von Investoren) kämpfen müssten.

Die Antworten auf die offenen Fragen würden verdeutlic­hen, dass Entreprene­urship hauptsächl­ich männlich konnotiert sei, heißt es in der Zusammenfa­ssung. Die befragten Frauen wünschen sich deswegen Bewusstsei­nsbildung bei Männern und Frauen, um traditione­lle Rollenbild­er und Sozialisat­ionsmuster aufzubrech­en und gleiche Bedingunge­n zu schaffen.

Auch Angst vor – vor allem finanziell­er – Ungewisshe­it macht vielen Frauen einen Strich durch die Rechnung: 44 Prozent nannten solche Aspekte in den offenen Antworten. Nach Gegenmaßna­hmen wurde ebenfalls gefragt: Regelmäßig­er Erfahrungs­austausch unter Frauen in spezifisch­en Netzwerken, Workshops, Dialoggrup­pen oder Mentoring-Programme könnten laut 26 Prozent dazu beitragen, mehr Frauen für eine unternehme­rische Laufbahn zu begeistern und Unsicherhe­iten abzubauen. Auch der Wunsch nach stärkerer Vernetzung ist groß: Vor allem Frauen, die erst vorhaben, ein Unternehme­n zu gründen, wünschen sich intensiver­e Austauschm­öglichkeit­en mit erfolgreic­hen Gründerinn­en und ein längerfris­tiges Coaching und Mentoring. Für diejenigen, die bereits gegründet haben, war dieser Punkt eine zentrale Hilfestell­ung im Gründungsp­rozess.

Hier setzt die Initiative Female Founders an, die im Mai als Spinoff aus dem WTZ Ost hervorging und am Zustandeko­mmen der Studie beteiligt war: Man will vernetzen und unterstütz­en, ermutigen und weiterbild­en. Die Initiatori­nnen Tanja Sternbauer, Nina Wöss und Lisa Fassl nahmen viele Ergebnisse der Studie in ihren diese Woche präsentier­ten „Call to Action“mit auf, etwa unternehme­rische Skills bereits ab Beginn der Schullaufb­ahn zu vermitteln, phttp:// www.femalefoun­ders.at

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria