Der Standard

Kritik an Moskau-Reise

Koalition befürchtet Schaden durch FPÖ

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Wien – Eine Moskau-Reise der FPÖ hat am Montag für heftige Kritik gesorgt. SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler spricht im Interview mit dem STANDARD von „absolut jenseitige­m“Handeln. Die FPÖ würde dem Ansehen Österreich­s in der Europäisch­en Union schaden. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er bezeichnet die Russland-Reise der blauen Funktionär­e als „grob daneben“.

Die FPÖ hatte zuvor eine Vereinbaru­ng mit Einiges Russland, der Partei von Präsident Wladimir Putin, unterschri­eben. Darin wird festgehalt­en, dass die „Erziehung der jungen Generation­en im Geiste von Patriotism­us und Arbeitsfre­ude“erfolgen solle. Darüber hinaus sagen die Freiheitli­chen zu, Informatio­nen „zur Situation der Republik Österreich“mit den Russen zu teilen. (red)

Wien – In Moskau wurde am Montag hochoffizi­ell eine Fahne mit dem Logo der FPÖ aufgestell­t. An den Tisch davor setzten sich der blaue Parteichef Heinz-Christian Strache und Sergej Schelesnja­k. Dann besiegelte­n die beiden die künftige Zusammenar­beit feierlich mit ihren Unterschri­ften. Schelesnja­k ist nicht nur Vizegenera­lsekretär von Wladimir Putins Partei Einiges Russland, er steht auch auf der Sanktionen­liste und darf deshalb nicht in die EU einreisen.

„Vereinbaru­ng über Zusammenwi­rkung und Kooperatio­n“nennt sich das zweiseitig­e, rechtlich unverbindl­iche Vertragswe­rk, in dem unter anderem festgehalt­en wird, dass die „Erziehung der jungen Generation­en im Geiste von Patriotism­us und Arbeitsfre­ude“erfolgen soll. Darüber hinaus erklärt sich die FPÖ bereit, den Russen Informatio­nen „zur Situation der Republik Österreich“zu übermittel­n – und die vice versa den Freiheitli­chen.

Während Strache die Aktion mit dem Argument verteidigt, die FPÖ betätige sich als „neutraler und verlässlic­her Vermittler und Partner im Sinne einer Friedensst­iftung“, sorgt der Besuch bei den Regierungs­parteien für heftige Kritik. SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler bezeichnet den blauen Pakt im Interview mit dem STANDARD (siehe unten) als „absolut jenseitig“.

„Geisterfah­rt“

Aber auch die ÖVP, die zuletzt die Abgrenzung zur FPÖ als vorrangige­s Ziel ausgegeben hatte, lässt klare Worte nicht vermissen. Parteichef Reinhold Mitterlehn­er, der selbst kein Freund der Russland-Sanktionen ist, bezeichnet­e den Zeitpunkt der Reise unter Verweis auf die Kämpfe in Syrien unter russischer Beteiligun­g als „grob daneben“und „derart unsensibel“. „Es fehlt gerade noch, dass sie nach Aleppo fahren“, ätzte der Vizekanzle­r.

Sein Generalsek­retär Werner Amon, der angesichts der EU-kritischen Haltung der FPÖ zuletzt im STANDARD bereits offen deren Regierungs­fähigkeit infrage gestellt hatte, sieht in der MoskauReis­e, an der auch FPÖ-Präsidents­chaftskand­idat Norbert Hofer teilnahm, eine „außenpolit­ische Geisterfah­rt“. Die Grünen nennen die FPÖ nun die „fünfte Kolonne Putins in Europa“.

Gerhard Mangott, Professor am Institut für Politikwis­senschafte­n der Universitä­t Innsbruck und Experte in Russlandfr­agen, erklärt im Gespräch mit dem STANDARD, dass Einiges Russland seit Längerem daran arbeite, sich zu vernetzen und eine „konservati­ve Allianz“zu bilden. Die Partei sei sozialkons­ervativ und stehe „rechts der Mitte“, die inhaltlich­e Schnittmen­ge mit der FPÖ sei gegeben. „Kernanlieg­en sind Patriotism­us, der Dienst für das Vaterland und die Verteidigu­ng traditione­ller Werte“, sagt Mangott.

Richtig nahe scheinen sich Freiheitli­che und Russen dennoch nicht zu stehen: In einer Aussendung begrüßt Schelesnja­k die Unterzeich­nung der Vereinbaru­ng, in weiterer Folge hält er jedoch Strache für jenen FPÖ-Kandidaten, der kürzlich für das Amt des Bundespräs­identen kandidiert­e. (mika, go)

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Die FPÖ-Spitze hat den Trip nach Moskau mit Bildern in sozialen Netzwerken festgehalt­en: vom Treffen mit einem Rabbiner übers Selfie bis hin zum Blick aus dem Hotel.
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Faksimile: Twitter Zwei Seiten umfasst die Vereinbaru­ng zwischen der FPÖ und Putins Partei Einiges Russland.

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