Der Standard

Mehr lebensgefä­hrliche Schleppung­en entlang Westbalkan­route

Gleich mehrmals retteten Polizeiein­sätze zuletzt wieder Flüchtling­e, die auf engem Raum eingepferc­ht worden waren. Zudem gelang es laut Minister Sobotka in zwei Fällen, große Schlepperr­inge aufzudecke­n.

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Wien – Schlepper würden Flüchtling­e zunehmend unter Lebensgefa­hr in „geschlosse­nen Behältniss­en“transporti­eren, berichtete Gerald Tatzgern vom Bundeskrim­inalamt. Die Polizei habe entlang der Westbalkan­route zuletzt mehrmals eingepferc­hte Personen gefunden. Laut Innenminis­ter Wolfgang Sobotka sind die Grenzen auf der Route „da und dort weiter durchlässi­g“.

In Salzburg wurde ein Asylwerber wegen des Verdachts festgenomm­en, zu Silvester eine Straftat zu planen. (red)

Wien – Zuletzt habe man 67 Menschen aufgefunde­n: Afghanen und Pakistanis, in den Laderaum eines Lkw gepfercht. Einige von ihnen seien schon bewusstlos gewesen, als die Polizei sie vergangene­n Samstag in Kroatien befreit habe, schilderte Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralste­lle gegen Schlepperk­riminalitä­t und Menschenha­ndel im Bundeskrim­inalamt am Montag vor der Presse.

Zwei Wochen davor habe die ungarische Polizei 16 Personen aus einem „mit hochgiftig­en Stoffen verunreini­gten“Tankwagen geholt. Und im November hätten 14 Flüchtling­e, darunter ein unbegleite­ter 15-Jähriger aus Afghanista­n, ihren von Schleppern organisier­ten Transport in einem verschloss­enen Metallbehä­lter in einem Lkw nur überlebt, weil einer von ihnen nach dem Stopp in Wien mit seinem Handy ins Netz gekommen sei und die Polizei alarmiert habe.

Derzeit würden Schleppung­en wieder vermehrt „in geschlosse- nen Behältniss­en wie Güterzügen, Kleintrans­portern und Kleinlastw­ägen durchgefüh­rt“, fasste Tatzgern zusammen. Daher stünden diese Transportm­ittel im Fokus der „koordinier­ten Fahndungsm­aßnahmen“von Polizeikrä­ften auf der Westbalkan­route.

Solche über nationale Grenzen hinweg koordinier­te Einsätze ermöglicht­en „ein erfolgreic­hes Vorgehen gegen die Schlepperk­riminalitä­t“, sagte Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP). So sei es unter der Leitung der niederöste­r- reichische­n Landespoli­zeidirekti­on zuletzt gelungen, einen türkischen Schlepperr­ing zu sprengen, der seit zehn Jahren rund 10.000 Menschen nach Europa gebracht und dabei rund 15 Millionen Euro erwirtscha­ftet habe.

Von Istanbul aus hätten die Schlepper drei verschiede­ne Routen nach Mittel- und Westeuropa befahren, schilderte Niederöste­rreichs Landespoli­zeidirekto­r Franz Prucher: zwei durch den Balkan und eine über die Ukraine und Polen nach Wien. Nun seien zehn Verdächtig­e in Haft, drei führende Gruppenmit­glieder noch flüchtig.

Zu einem weiteren Ermittlung­serfolg gegen einen von pakistanis­chen Staatsbürg­ern betriebene­n Schlepperr­ing in Spanien kam es laut Prucher nach dem Unfall eines Transporte­rs auf der A1 im August 2015 bei Amstetten. Von den 36 Flüchtling­en im Laderaum des Ford Transit, die von Ungarn über Österreich nach Deutschlan­d geschleppt werden sollten, wurden 24 verletzt, zwölf davon schwer. Nach dem Aufprall des Wagens an die Leitplanke irrten verwirrte Flüchtling­e auf der Fahrbahn umher.

Der Lenker, ebenfalls ein Pakistani, floh – doch in Zusammenar­beit mit der spanischen Polizei konnte er in der Folge ausgeforsc­ht werden. Im Oktober 2016 wurde er nach Österreich ausgeliefe­rt und sitzt nun in St. Pölten in Untersuchu­ngshaft.

Zwar, so Sobotka, sei es „gelungen, die Westbalkan­route großteils zu schließen“. Doch die Grenzen seien „da und dort weiter durchlässi­g“. Tatsächlic­h kamen laut der EU-Grenzschut­zagentur Frontex von den 350.000 Menschen, die heuer bisher ohne Aufenthalt­spapiere in der Union aufgegriff­en wurden, rund 50 Prozent über den Westbalkan und 50 Prozent über die Mittelmeer­route nach Europa. Auf der Mittelmeer­route wurde dabei ein Plus von 20 Prozent registrier­t.

Sobotka für Abkommen

Laut Sobotka weist dies auf die Herausford­erungen für das Jahr 2017 hin. Um die Fluchtbewe­gung übers Mittelmeer einzugrenz­en, müssten „die Rückführun­gsabkommen mit Ägypten und Tunesien vorangetri­eben werden“, sagte er. Natürlich könne auch mehr Resettleme­nt von Flüchtling­en helfen, die dann legal in bereitwill­ige EU-Staaten einreisen dürften. Jedoch, so der Minister: „Davor müssen die EU-Außengrenz­en erst gesichert sein“. (bri)

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Dieser 2015 auf der A1 umgekippte Transporte­r brachte die Polizei auf die Spur eines Schlepperr­ings.

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