John Cale live wird neu aufgelegt
Zu Beginn der 1990er tourte John Cale solo durch Europa. Dabei entstand das Album „Fragments of a Rainy Season“. Es zeigte den Waliser gesundet und in bestechender Form. Nun wurde es neu aufgelegt.
Wien – Das Jahr 1985 hatte ihn aus der Bahn geworfen. Es war das Beste, was ihm passieren konnte. Damals kam seine Tochter zur Welt. Grund für John Cale, über seinen aktuellen – treffender – akuten Zustand nachzudenken. Höflich gesagt war er damals im Arsch. Aufgeschwemmt, verdrogt und verkatert taumelte er durch eine Karriere, die mit seinem Mitwirken in einer der wichtigsten Bands des Planeten zwei Dekaden zuvor begonnen hatte.
John Cale war eines der Gründungsmitglieder von The Velvet Underground. Jener unter Andy Warhols gönnerhaften Fittichen stehenden Band, deren Rockmusik die dunklen Winkel des Daseins ausleuchtete und hunderte nachfolgende Bands überhaupt erst ermöglichte. Sein Appetit auf Drogen wurde damals geweckt.
Nach seinem Ausstieg bei The Velvet Underground begann er eine Solokarriere, die der Welt einige Meisterwerke bescherte. Pflichtschuldig hervorzuheben wären Paris 1919 (1973), Fear (1974) und Slow Dazzle aus 1974. In den 1980ern, kurz vor der Läuterung, entstanden das minimalistische Music For A New Society, das chronisch unter Wert gehandelte Carribean Sunset, das schon wegen des Songs Dying On The Vine großartige Artificial Intelligence oder das halbwegs fitte Livedokument Comes Alive.
Doch gab er zu jener Zeit immer wieder Shows, die mehr Debakel als Triumph waren. Ende der 1980er ließ Cale ein paar Jahre aus, sammelte sich. Als er wiederkehrte, trug er Anzüge und einen geschmacksverwirrten Popperscheitel. Sein Gesicht war so schmal wie früher, als er bei The Velvet Underground als klassisch ausgebildeter Musiker hinter schwarzen Sonnenbrillen die Noten gerade hielt. Lediglich ein paar Furchen im Antlitz verrieten seine Tänze am Abgrund.