Der Standard

Uno darf nun doch Beobachter nach Aleppo schicken

Der Sicherheit­srat der Vereinten Nationen hat sich nach schwierige­n Beratungen am Montag auf die Entsendung von Beobachter­n geeinigt. Die Transporte von Zivilisten und Rebellen liefen derweil wieder an.

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New York / Damaskus / Istanbul – Die Vetomächte im UN-Sicherheit­srat haben sich doch noch geeinigt: Alle Mitglieder des Gremiums stimmten am Montag für die baldige Entsendung von Beobachter­n der Vereinten Nationen in die syrische Metropole Aleppo. Sie sollen die Evakuierun­g des Ostteils der Stadt überwachen.

Alle Konfliktpa­rteien werden aufgeforde­rt, den UN-Vertretern Sicherheit zu garantiere­n und ihnen freien Zugang zu den Konfliktge­bieten zu ermögliche­n. Auch Russland, das am Sonntag noch einen von Frankreich eingereich­ten Entwurf per Veto abgelehnt hatte, stimmte diesmal zu. Der UN-Botschafte­r der mit Moskau verbündete­n syrischen Regierung, Bashar al-Jaafari, nannte den Entwurf hingegen „Teil der fortgesetz­ten Propaganda gegen Syrien und seinen Kampf gegen Terroriste­n“. Ob seine Regierung dennoch mit den Beobachter­n kooperiere­n würde, sagte er nicht.

„Säuberung“von Stadtteile­n

Schon kurz zuvor hatte Jaafari allerdings angekündig­t, der bis vor kurzem von Rebellen kontrollie­rte Osten Aleppos werde bis Montagaben­d ohnehin „sauber“sein. Damit bezog er sich auf eine Schätzung seiner Regierung, wonach die laufende Evakuierun­g des Gebiets bis zum Abend abgeschlos­sen sein würde.

Diese Schätzunge­n gingen von einem deutlich schnellere­n Verlauf aus als jene, die die Uno am Montag prästierte. Ihren Angaben nach sind seit Ende vergangene­r Woche rund 20.000 Menschen aus den von der Regierung eroberten Stadtteile­n gebracht worden. Tausende warteten aber weiter auf ihren Transport in das Umland der Stadt. Die Uno gab die Zahl jener, die noch in den Stadtteile­n vermutet wurden, mit 30.000 an.

Zugleich liefen am Montag auch die Transporte aus den Orten Foua und Kefraya wieder an, die von Schiiten bewohnt und von Mitglieder­n der extremisti­schen Fatah al-Sham belagert werden, die früher als Nusra-Front eine Filiale von Al Kaida war. Ihre Evakuierun­g war Sonntag nach Angriffen auf Busse verzögert worden.

In der Türkei geht man derweil davon aus, dass die Evakuierun­g von Ostaleppo auch den Weg für eine Einstellun­g der Kampfhandl­ungen in weiteren Gebieten Syriens bahnen könnte. „Wenn es in Aleppo funktionie­rt, warum dann nicht anderswo?“, fragte ein hochrangig­er Vertreter des türkischen Außenminis­teriums am Montag vor ausländisc­hen Journalist­en in Istanbul. Die Evakuierun­g Aleppos und mögliche weitere Schritte sind Thema eines kurzfristi­g anberaumte­n Treffens der Außenminis­ter Russlands, der Türkei und des Iran am heutigen Dienstag in Moskau. Das Treffen ersetzt eine Begegnung auf Ebene der Staatschef­s, die für den 27. Dezember angesetzt worden war.

Keine Kontakte mit Assad

Ankara schließt Kontakte zu Syriens Präsident Bashar al-Assad trotz anders lautender, früherer Berichte kategorisc­h aus. Jemand, der „schuldig am Tod von 600.000 Menschen“sei, könne kein Partner sein, erklärte der Vertreter des Außenminis­teriums. In diesem Punkt seien Ankara und Moskau eben unterschie­dlicher Auffassung­en. Der türkische Diplomat stellte in Abrede, dass es eine formale oder stillschwe­igende Übereinkun­ft zwischen Russland und der Türkei bezüglich Aleppo und der türkischen Militärint­ervention in Nordsyrien gegeben habe.

Die türkische Führung hatte wochenlang nicht mehr Stellung zu den Bombenangr­iffen des russischen Militärs auf Aleppo genommen; zugleich war die Türkei im August in Syrien einmarschi­ert und hat eigenen Angaben zufolge mittlerwei­le ein 1850 Quadratkil­ometer großes Gebiet von der Terrormili­z „Islamische­r Staat“befreit. Dabei wurde auch die syrisch-kurdische Miliz der PYD zurückgedr­ängt, die Ankara als Terrororga­nisation betrachtet.

Die türkische Regierung will keine neuen Flüchtling­e aus Aleppo in der Türkei aufnehmen. Neue Lager entstehen derzeit mit türkischer Hilfe in der nordsyrisc­hen Grenzprovi­nz Idlib. Schätzunge­n über die zu erwartende Zahl von Flüchtling­en aus der zerstörten Stadt schwankten zuletzt zwischen 30.000 und 80.000. (mab, mesc, red) Getötete Journalist­en S. 25

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In und teilweise auf überfüllte­n Bussen wurden am Montag wieder Menschen aus schiitisch­en Orten rund um Aleppo und aus dem Osten der Stadt gebracht. In Sicherheit ist auch die siebenjähr­ige Bana Alabed (re.), in deren Namen immer wieder aus dem...
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