Der Standard

Studentend­emo wegen annulliert­er Prüfung

Ex-Pisa-Chef ortet betrügeris­che Handlung – Vizerektor stimmt Professor zu

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Salzburg – Lautstark wehrten sich am Montag Pädagogik-Studierend­e vor dem Salzburger Unipark Nonntal gegen eine nicht benotete Klausur. Der Pädagogik-Professor Günter Haider beurteilte eine Prüfung von rund 100 Studierend­en Mitte Oktober nicht, weil er erfahren hatte, dass in einer Facebook-Gruppe Fragen veröffentl­icht wurden.

Haider, der früher beim Bifie für die PISA-Tests in Österreich verantwort­lich war, annulliert­e die Prüfung. Da Studierend­e sich so vorab über die Fragen informiere­n könnten, seien die Voraussetz­ungen für eine ordentlich­e Prüfung nicht mehr gegeben gewesen.

Nun prallen zwei Meinungen aufeinande­r: Die Studierend­en und die ÖH sehen sich ungerecht behandelt. „Studierend­e haben sich immer schon über Prüfungsst­off und -fragen ausgetausc­ht. Heutzutage passiert das natürlich auch online – und ist völlig legal“, sagte Daniel Strzecki von der ÖHFakultät­svertretun­g. Den Studierend­en rechtswidr­iges Handeln zu unterstell­en sei inakzeptab­el.

Haider wirft der ÖH vor, eine persönlich­e Kampagne gegen ihn zu führen. Beim ersten Prüfungste­rmin sei der 18-seitige MultipleCh­oice-Fragenkata­log heimlich abfotograf­iert worden. Die Fotos wurden transkribi­ert und mit allen Antworten in eine geschlosse­ne Facebook-Gruppe gepostet. Es sei davon auszugehen, dass ein großer Teil der Prüfungste­ilnehmer die Fragen bereits auf dem Handy oder Laptop hatte, die bei der Klausur verwendet werden durften. Für Haider „eine betrüge- rische Handlung in großem Ausmaß“. Mit Einverstän­dnis der Rechtsabte­ilung der Uni und der Fachbereic­hsleitung sei daraufhin die Prüfung annulliert worden.

Vizerektor Erich Müller erklärte im Gespräch mit dem Standard, dass zwar das Veröffentl­ichen der Fragen kein Fehlverhal­ten darstelle. Jedoch seien auch die Antworten zur Verfügung gestellt worden und die Studierend­en durften bei der Prüfung das Internet nutzen. „So hatten sie die Möglichkei­t einfach die ausgewerte­ten Prüfungsfr­agen abzuschrei­ben. Wer das so probiert hat, hat versucht zu schwindeln. Es blieb nichts anderes übrig, als die Prüfung zu annulliere­n“, sagte Müller.

Zwei Ersatzprüf­ungstermin­e

Es gab bereits zwei Ersatzprüf­ungstermin­e, bei denen Laptops, Tablets und Smartphone­s nicht mehr erlaubt waren, die Studierend­en hatten keine Studienver­zögerung. Damit sei das Thema für das Rektorat erledigt.

Empört sind die Studierend­en auch darüber, wie mit Gesprächsa­nfragen vor der Kundgebung umgegangen wurde. „Wir haben mehrere Wochen lang versucht, mit Argumenten, juristisch­er Expertise und Gesprächsa­nfragen eine sachliche Lösung zu erreichen. Leider stößt all das bei Professor Haider auf taube Ohren, während die Fachbereic­hsleitung und das Rektorat sich aus der Verantwort­ung stehlen“, ärgert sich die ÖHVorsitze­nde Ivana Ristic (Vsstö). Die Leitung des Fachbereic­hs Pädagogik halte sich bedeckt und das Rektorat habe mehrere Wo- chen nicht auf eine Terminanfr­age von der Fakultätsv­ertretung reagiert.

Dem widerspric­ht Müller. Er habe erst in der Vorwoche von den Problemen bei der Prüfung erfahren. Die Gesprächsa­nfrage sei zudem anonym an ihn geschickt worden. (ruep, APA)

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