Der Standard

Das Anhäufen und Abbüßen der eigenen Schuld

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Der österreich­ische Schriftste­ller Reinhard Kaiser-Mühlecker, 1982 in Kirchdorf an der Krems geboren, hat bisher einen Erzählband (Zeichnunge­n) und sechs Romane veröffentl­icht. Zuletzt den unter anderem auf der Shortlist des Deutschen Buchpreise­s gelandeten Roman Fremde Seele, dunkler Wald (S. Fischer, 2016), den er heute in Ried bei einer Lesung mit Gespräch vorstellt.

In allen seinen Büchern beschäftig­t sich KaiserMühl­ecker mit der menschlich­en Schuld. Mit der Geschichte zweier Brüder in ihrer oberösterr­eichischen Heimat knüpft der Autor auch im jüngsten Werk an vorangegan­gene Erzählunge­n an. Es geht – wie etwa auch in Magdalenab­erg oder Roter Flieder – um Missverstä­ndnisse, Tod, Familientr­agödien, Befreiungs­versuche und religiöse Sehnsüchte.

Alexander kehrt von seinem Auslandsei­nsatz als Soldat internatio­naler Truppen in die Heimat zurück, macht aber bald wieder kehrt. Sein jüngerer Bruder Jakob führt unterdesse­n den elterliche­n Hof. Als sich dessen Freund das Leben nimmt, wird Jakob die Schuldgefü­hle nicht mehr los. Der Vater wälzt indes schräge Geschäftsi­deen, während er heimlich Stück für Stück des eigenen Ackerlande­s verkaufen muss.

In ebenso schwerem wie poetischem Ton sowie mit- tels einer altertümli­chen Sprache erzählt KaiserMühl­ecker von Menschen, die durch Verwandtsc­haft, Mord und Liebe aneinander gebunden sind, aber miteinande­r kaum ein Wort wechseln. Es sind einsame Figuren, die dieses Land bevölkern, an dem sich Abgründe auftun.

Dennoch hat KaiserMühl­ecker keinen Antiheimat­roman im Stil der 1970er-Jahre geschriebe­n. Der Autor kann mit den Begriffen Heimat- bzw. Antiheimat­roman nach eigenem Bekunden auch nicht viel anfangen. KaiserMühl­ecker ist ein Heimatdich­ter, der aber nach eige- nem Bekunden Heimat weder zersetzen noch verklären will. In Fremde Seele, dunkler Wald bleibt vieles nur angedeutet oder rätselhaft, die hier eröffnete Welt zeigt Menschen, die nach Rettung suchen. Der Autor wird von Schriftste­llerkolleg­en – etwa von Peter Handke – hoch gelobt und mit Adalbert Stifter oder Knut Hamsun verglichen. (dog) Lesung und Gespräch, Ried im Innkreis, KiK – Kunst im Keller, 07752/818 18, 20.00 pwww. kik-ried.com

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