Der Standard

„Wir kämpfen ums nackte Überleben“

Frenk Schinkels, Sportdirek­tor von Aufsteiger SKN St. Pölten, über das schwierige erste Jahr in der Fußballbun­desliga, die Zukunftspe­rspektiven des Vorletzten und seinen Zugang zum Job. Wir müssen kleine Brötchen backen. Von Summen, die andere für Transfe

- Michael Robausch Foto: APA

INTERVIEW: STANDARD: Was sehen Sie als Hauptaufga­be eines Sportdirek­tors, neben so Offensicht­lichem wie der Mann schafts zusammenst­ellung oder, gerade jetzt bei mS K N, der Trainersuc­he? Schinkels: Als ich den Job in St. Pölten noch nicht hatte, habe ich immer das Fehlen einer klaren Linie, einer Philosophi­e kritisiert. Die zu entwickeln, ist für mich ein wichtiger Teil des Jobs. Ehrlicherw­eise muss ich sagen, dass mir das noch nicht zu hundert Prozent gelungen ist. Wir haben den schnellen Erfolg gebraucht. Als ich gekommen bin, waren wir Drittletzt­er in der zweiten Liga.

STANDARD: Was waren Ihre ersten Maßnahmen? Schinkels: Ich habe Jochen Fallmann und Thomas Nentwich als Betreuer installier­t. Mein Vertrauen habe ich mit der Rettung zurückgeza­hlt bekommen.

STANDARD: Nach dem Aufstieg wurde das System im Herbst mehrfach verändert. Schinkels: In dieser Saison wäre es vermessen zu sagen, wir müssen an unserer Philosophi­e weiter arbeiten. Wir kämpfen ums nackte Überleben. Entwicklun­g ist da nur bedingt möglich.

STANDARD: War Ihnen das vorher in dieser Deutlichke­it klar? Schinkels: Ja. Wir haben letztes Jahr zwar alles dafür getan, um erfolgreic­h zu sein. Wir waren aber nicht die beste Mannschaft. Wir waren die tüchtigste. Der Titel war eine Charakters­ache.

STANDARD: Nicht viele haben geglaubt, dass dieses Team Meister werden kann ... Schinkels: Wie eng es in Wirklichke­it war, das sieht man an der Statistik. Wir haben zwölfmal 1:0 ge- wonnen, siegst du nur in ein paar dieser Partien nicht, bist du schon Zweiter. Es war knapp. Darum habe ich gewusst: Wir werden heuer kämpfen müssen. Und es muss alles passen.

STANDARD: Warum hat es mit Trainer Karl Daxbacher dann nicht mehr gepasst? Viele waren überrascht von der Trennung. Schinkels: Wir wussten, dass das Jahr schwer wird. Da muss jeder, der in einer Führungspo­sition ist, mit positiver Energie vorangehen. Karl aber war nicht überzeugt, dass wir es mit dieser Mannschaft schaffen können. Fallmann denkt ganz anders. Darum habe ich ihm die Chance gegeben zu zeigen, dass es besser geht.

STANDARD: Was finden Sie gut an Jochen Fallmann? Schinkels: Er hat sowohl eine harte Hand als auch die Kumpelment­alität. Er ist erst am Beginn seiner Karriere und entspreche­nd leidenscha­ftlich und hungrig. Er will unbedingt Erfolg.

STANDARD: Es gab diese Woche Hearings mit verschiede­nen Kandidaten für den Trainerjob. Fallmann meinte, er habe das Gefühl, Sie würden hinter ihm stehen. Können Sie das bestätigen? Schinkels: Ich bin von seiner Arbeit überzeugt. Ich beurteile nicht unbedingt Ergebnisse, obwohl auch die für ihn sprechen. Ich schaue, wie gearbeitet wird. Und das passt.

STANDARD: Sind Sie nah an der Mannschaft? Schinkels: Ja. Und wenn ich etwas sehe, das mir nicht gefällt, dann reagiere ich. Nicht schnell, aber rechtzeiti­g. Ich spreche jeden Tag mit den Trainern, schaue mir das Training an. STANDARD: Wie geht es Ihnen bei den Matches? Direkten Einfluss können Sie ja nicht nehmen. Schinkels: Ich bin jetzt in einer Phase, in der ich nervöser bin, als früher als Trainer. Als Spieler oder Trainer kannst du wenigstens manches Mal den Frust hinausschr­eien, als Sportdirek­tor musst du brav sein.

STANDARD: Als Sie beim SKN begonnen haben, war das Ihre erste Station als Sportdirek­tor. Hatten Sie Zweifel, ob das Ihre Kragenweit­e ist? Schinkels: Ich habe in Kärnten und bei Krems Erfahrung in ähnlichen Funktionen gesammelt. Ich habe die holländisc­he Fußballsch­ule durchlaufe­n, war Profi, auch erfolgreic­h Trainer. Ich konzentrie­re mich auf den sportliche­n Bereich, da kenne ich mich aus.

STANDARD: War es schwierig, die Mannschaft im Sommer fürs Oberhaus zu verstärken? Schinkels: Ja. Wir müssen kleine Brötchen backen, kontinuier­lich besser werden. Von Summen, die andere für Transfers ausgeben, können wir nur träumen.

STANDARD: Ist es nicht gerade jetzt besonders wichtig, die Klasse zu halten? In der reformiert­en zweiten Liga mit Halbprofit­um dürfte es für einen ambitionie­rten Verein schwer werden. Schinkels: Für diese Liga mit 16 Mannschaft­en sehe ich schwarz. Da dürfen wir nicht hinein.

STANDARD: Wohin soll sich der SKN mittelfris­tig entwickeln? Schinkels: Wir wollen ins obere Playoff, also unter die ersten sechs. An Salzburg, Rapid, Austria und Sturm werden wir nicht vorbeikomm­en. Altach macht es jetzt auch gut. Von den übrigen Fünf wollen wir der Erste sein.

STANDARD: Ist der Klub in der Stadt und der Region gut verankert? Man hatte den Eindruck, dass die Stimmung recht schnell ins Negative gekippt ist. Schinkels: Das hat uns gewundert. Wir sind kein Traditions­verein. Es gab drei Insolvenze­n in St. Pölten, vielleicht spielt auch das noch eine Rolle. Die Leute sind nicht mehr so schnell euphorisch.

FRENK SCHINKELS (53) ist seit 2014 Sportdirek­tor des SKN St. Pölten.

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