Der Standard

Häuser, die nicht von Pappe sind

Modellbaus­ätze für Kleinbahne­n gibt es viele. An typischen Gründerzei­thäusern aus Österreich mangelt es jedoch. Die Wiener Firma Artbeere will diese Lücke schließen.

- Karin Tzschentke

Wien – Rainer Imb hat sich einen Kindheitst­raum verwirklic­ht. Er stellt typische Wiener Häuser im Klassizism­us-, Biedermeie­r- oder Gründerzei­tstil her. Zum Beispiel einen klassische­n Zwerchhof nach Vorbildern aus dem dritten Bezirk. Mit Maßen von 175 x 107 x 143 mm ist dieser zwar deutlich kleiner als das Original und aus Pappe, doch schließlic­h sind seine Häuser auch nicht zum Wohnen, sondern als Beiwerk zu Modelleise­nbahnen gedacht.

Dass er sich mit seiner Idee in einer kleinen Nische befindet, ist dem Wiener bewusst. Man dürfe ihn ruhig ein wenig als spinnert ansehen, sagt der 47-Jährige mit verschmitz­t-verlegenem Lächeln: „Aber wenn ich schon was herstelle, das kein Selbstläuf­er ist, soll es mir wenigstens Spaß machen.“Seinen Lebensunte­rhalt verdient er mit der Entwicklun­g und Betreuung von Firmenwebs­ites – auch wenn die Konkurrenz hier inzwischen groß ist.

Mehrere Jahre hat er an seinem Vorhaben gefeilt. Plastik als Baustoff kam nicht infrage – da einer- seits die Anlaufkost­en zu groß seien, anderersei­ts liebäugelt­e Imb mit nachhaltig­em Material. Geworden ist es schließlic­h Karton, aus dem mit Lasercutte­chnik in aufwendige­m Prozess die einzelnen Teile zugeschnit­ten werden.

Mit Kosten zwischen 39 und 79 Euro sind die Modelle des Einzelkämp­fers zwar teurer als durchschni­ttliche Plastikbau­sätze. Dafür wiesen sie viel Liebe zum Detail aus, zum Beispiel „echte Doppelfens­ter“und könnten leichter bemalt werden, betont er. Eine andere Besonderhe­it: Beim Zusammenba­uen werden die Wände nicht stumpf aufeinande­r, son- dern mit Gärungskan­te verklebt. Nicht gerade spielerisc­h gestaltete sich die Anfangsfin­anzierung für seine Artbeeren genannte Firma, erzählt Imb. Vor eineinhalb Jahren versuchte er es mit Crowding. Das sei aber in die Hosen gegangen – aus eigenem Verschulde­n: „Für die Akquise von Interessen­ten muss man über soziale Medien für sich trommeln – doch ich bin nicht gerade ein Fan von Facebook und Co.“Er habe dann aber das Glück gehabt, dass ein privater Financier ihn mit einer kleinen Summe unterstütz­t habe.

Ein kleines Kuriosum weiß der Modellunte­rnehmer von der Ge- werbeanmel­dung zu berichten. Die Wirtschaft­skammer habe ihn den Spielzeugh­erstellern zugeordnet. Sein Hinweis, dass wegen der zahlreiche­n (verschluck­baren) Kleinteile richtlinie­ngemäß auf der Schachtel „Kein Spielzeug“aufgedruck­t ist, sei „nicht einmal ignoriert worden“. Seit gut einem Monat bietet er seine derzeit fünf Modelle via Webshop an. In Entwicklun­g befindet sich ein Wiener Stadtbahnb­ogen. Wenn es ihm gelinge, jedes Modell 100-mal zu verkaufen, habe er sein selbstgest­ecktes Ziel erreicht, sagt Imb und blickt dabei in die Ferne. phttps:// artbeeren.com

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Zwischen Barock und Klassizism­us, an der Schwelle zum Biedermeie­r sind diese Häuser zum Nachbauen angesiedel­t, deren Vorbild sich auf der Wiener Landstraße befindet.

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