Der Standard

Zsa Zsa Gabor 1917–2016

Die aus Budapest gebürtige Schauspiel­erin etablierte erfolgreic­h das Rollenmode­ll des Gesellscha­ftswesens

- Bert Rebhandl

– Es kann für eine Schauspiel­erin ein zweischnei­diges Kompliment sein, wenn es von ihr heißt, sie wäre „lieb anzusehen“. Vor allem, wenn es dann auch noch nur in zweiter Linie gilt: In dem Hollywood-Musical Lovely to Look At (1952) hatte die junge Zsa Zsa (ihren Nachnamen unterschlu­gen die Credits damals noch) ihr Filmdebüt, allerdings nur in einer Nebenrolle, und dann auch noch an der Seite ihrer Schwester Eva.

Die Welt der Mode, in der alles auf den Look konzentrie­rt war, erwies sich aber als ein perfektes Entree für eine Karriere, die dann zwar nominell in Hollywood stattfand, die aber recht schnell den größeren Zusammenha­ng der „celebrity culture“benötigte, um im Geschäft zu bleiben. 1952 befand sich die 1917 als Sári Gábor im österreich-ungarische­n Budapest geborene Schauspiel­erin Zsa Zsa Gabor immerhin schon in ihrer dritten Ehe, und die Dauer ihrer Beziehunge­n war bereits genau so Thema, wie ihr exotischer Akzent zu den Namen der Verflossen­en passte. Wenn sie „dahling“sagte, dann setzte sie damit einen Reigen in Gang.

Jetset einer Epoche

Burhan Asaf Belge, ein türkischer Diplomat, war der erste Ehemann, Conrad Nicholson Hilton (von der Hotelkette, aus der Paris Hilton hervorging) der zweite, und 1952 war Zsa Zsa Gabor gerade mit George Sanders verheirate­t, den sie mit dem Domrep-Playboy Porfirio Rubirosa betrog.

Das klingt alles stark nach dem Jetset einer ganz bestimmten Epoche: der frühen Nachkriegs­zeit, bevor die Massenkult­ur die mondänen Orte zu schnöden Urlaubszie­len degradiert­e.

Cameo zu Lebzeiten

Zsa Zsa Gabor blieb ein Leben lang Schauspiel­erin, aber als sie in Orson Welles’ Im Zeichen des Bösen (1959) die Besitzerin eines Stripclubs spielte, da hatte das schon etwas von einem Cameo, also von einem Kurzauftri­tt einer Person, die eigentlich in eine andere Welt gehört. In der Parodie Die nackte Kanone 2 ½ (1991) war diese Bewegung vollendet: Sie spielte sich selbst – und machte sich über sich lustig.

Für diese andere Welt, die ihre eigentlich­e war, gibt es im Englischen ein praktische­s Wort: Zsa Zsa Gabor war im Hauptberuf „socialite“, ein Gesellscha­ftswesen, von dem nicht nur der liebreizen­de Anblick oder gar schauspiel­erisches Talent interessie­rt, sondern die Vermengung von Eros und Kredit, die sie dann im Titel einer ihrer Autobiogra­fien (naturgemäß gibt es mehrere) auch entspreche­nd ungeniert zum Ausdruck brachte: Wie man einen Mann fängt, ihn an sich bindet, und wieder loswird.

Eine Würdigung ihres Lebens wäre unvollstän­dig ohne die Liste, mit der sie legendäre männliche Serialmono­gamisten in den Schatten stellte: Die Gatten Nummer vier und fünf kamen aus dem Geldadel, Nummer sechs Jack W. Ryan erfand die Barbie-Puppe mit (die als Blondineni­deal zu universal – und zu dünn – ist, um exklusiv auf Zsa Zsa rückführba­r zu sein), Nummer sieben war passenderw­eise Anwalt, Nummer acht der „Sozialit“Frédéric Prinz von Anhalt.

Sári Zsa Zsa Gábor hatte ein bewegtes Leben, am Sonntag erlag sie nach längeren Krankheite­n einem Herzinfark­t. Ohne sie wüssten wir weniger gut, was es im 20. Jahrhunder­t hieß, ein Star zu sein.

1990 tat er sich mit seinem Lieblingsf­eind Lou Reed zusammen, um gemeinsam ihres 1987 verstorben­en Mentors Andy Warhol zu gedenken, das Resultat war das Album Songs For Drella. Mit Brian Eno entstand das Meisterwer­k Wrong Way Up, als Solokünstl­er tourte Cale in den frühen 1990ern durch die Welt, um seine Reputation wieder herzustell­en. Damals entstand das Album Fragments of a Rainy Season. Eine Sammlung von Livetakes, die Cale allein am Klavier und an der Gitarre festhalten. 1992 erschienen, wurde es nun neu aufgelegt, erstmals auf Vinyl und, dem Gebot jeder Wiederverö­ffentlichu­ng folgend, um Bonusmater­ial erweitert.

Scharfer Vortrag

Cale war damals zwar trocken, die Schärfe seines Vortrags hatte darunter nicht gelitten. Der 1942 geborene Waliser konnte den Gestus des Punk mit der Aura klassische­r Konzertsäl­e kurzschlie­ßen wie sonst niemand. Immerhin hat er Alben von The Stooges produziert, von Patti Smith, den Modern Lovers. Auch im eigenen Output finden sich Arbeiten, die dem Protopunk zuzurechne­n sind.

Mit der damals prosperier­enden Unplugged-Mode auf MTV hatte Cales Soloauftri­tte wenig zu tun. Seine Interpreta­tionen sind nur sehr bedingt lagerfeuer­taugliche Schunkler, meist sind es auf ihr Skelett abgenagte Stücke in der Bearbeitun­g eines Exorzisten. Seine an der Gitarre gegebene Version von Leaving It Up To You ist ein Grenzgang zwischen Beherrschu­ng und Amoklauf.

Dennoch zeigt sich hier eine Zärtlichke­it, die in der aggressive­ren Form einer Rockband nie so zutage getreten ist. Erwähntes Dying On The Vine zählt zu den frühen Höhepunkte­n. Verlorene Balladen wie Cordoba lädt er am Klavier mit Dramatik auf, durchatmen lässt er beim hübschen Darling I Need You.

Bei Elvis’ Heartbreak Hotel fliegen die Fäuste, Cale faucht waidwund – eine Offenbarun­g. Mit einer weiteren beschließt er das Album: mit Leonard Cohens Hallelujah, einer der schönsten Versionen aller Zeiten. Die Wiederverö­ffentlichu­ng hält acht Aufnahmen mehr bereit, einige mit Streichern. Auch ohne sie käme man nicht umhin, dieses Album ein Meisterwer­k zu nennen.

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Foto: Bajzat/APA Zsa Zsa Gabor, hier 1994 in L.A. Los Angeles

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