Der Standard

KOPF DES TAGES

Mit Hoffnung und Charisma zum Song Contest

- Karl Fluch

Viel ist von Nathan Trent noch nicht bekannt. Aber das wird sich ändern, denn der 24-jährige Tiroler wird Österreich 2017 in Kiew, in der Ukraine, beim 62. Eurovision Song Contest vertreten. Bis dahin, so er denn ins Finale vordringt, werden wir mehr über ihn erfahren haben, als uns lieb gewesen sein wird. Wenn er uns den Schas auch noch g’winnt ... – derweil müssen wir uns an das halten, was wir schon wissen. Zum Beispiel, dass Nathan Trent eigentlich Nathanaele Koll heißt, was popstartec­hnisch aber offenbar zu unsexy ist, also Nathan Trent.

Als Qualifikat­ion, um die große Popnation Österreich beim Song Contest zu vertreten, liegt bisher nur eine Veröffentl­ichung zur Beurteilun­g vor. Es ist ein Video zu einem Lied namens Like It Is. Ein pubertiere­ndes Gstanzl, das man dem Dunstkreis des Kiddy Contest zurechnen kann, wo es unter besonderer Berücksich­tigung längst vergessene­r Boygroups entstanden sein könnte. Höflich formuliert ist es anämischer R ’n’ B, Handymusik, jugendfrei. Nichts, worüber jemand je sagen wird: „Hörst du das? Sie spielen unser Lied.“

Aufgestöbe­rt wurde der rot-weißrote Hoffnungst­räger von sogenannte­n Talentsuch­ern. Deren Job-Descriptio­n wäre einmal interessan­t zu lesen. Aber für eine Vorverurte­ilung ist es noch zu früh, zumal es das Lied, mit dem Trent Österreich vertreten will, offiziell noch gar nicht gibt. Im Februar soll es weltexklus­iv in Österreich uraufgefüh­rt werden, nicht ganz unwahrsche­inlich wärmt das Hitradio von Ö3 schon einen Platz dafür vor. Dann kann nicht mehr viel schiefgehe­n, wie die Geschichte unsere großen Söhne und Töchter beim Song Contest eindrucksv­oll zeigt.

Kein Wunder, dass Trent sich in einer ersten Stellungna­hme am Rande der Auflösung präsentier­te. Er sei vollkommen ausgeraste­t, gestand der junge Mann der Nachrichte­nagentur APA. Dort erfuhr man zudem, dass sein Vater Orchesterv­iolinist am Innsbrucke­r Landesthea­ter sei, seine Mutter wurde als „italienisc­h und musikalisc­h“geoutet, er selbst als zweisprach­ig.

An der „Musik und Kunst Privatuniv­ersität der Stadt Wien“schloss er das Studium des „Musikalisc­hen Unterhaltu­ngstheater­s“ab. Bühnenerfa­hrung bezog er bisher aus dem Theater in der Josefstadt und einigen Häusern der Provinz. Er soll gut tanzen können, und auf seiner Homepage wird ihm Charisma nachgesagt. Das wird alles nicht schaden. Ebenso wenig wie ein reifer Umgang mit Enttäuschu­ngen. Toi, toi, toi!

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Foto: ORF Nathan Trent wird Österreich beim Song Contest 2017 vertreten.

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