Der Standard

Verhängnis­volle Affäre

- Andreas Schnauder

Es ist eine etwas seltsame Geschichte, die IWF-Chefin Christine Lagarde am Montag zum Verhängnis wurde. Zehn Jahre her ist die Angelegenh­eit rund um den Unternehme­r Bernard Tapie und eine von Lagarde genehmigte Einsetzung eines Schiedsger­ichts. So peripher war ihre Rolle in der Causa, dass selbst die Staatsanwa­ltschaft auf unschuldig plädierte. Letztlich bleibt ein Schuldspru­ch wegen Nachlässig­keit, nicht einmal eine Strafe wird verhängt. Und dennoch ist die Französin nicht mehr als Chefin einer derart wichtigen Einrichtun­g wie des Währungsfo­nds tragbar – eigentlich schon lange nicht mehr.

Denn Lagardes Rolle in der Affäre stellt eine Eigenschaf­t infrage, die für den Job zentral ist: Unabhängig­keit. Der seinerzeit­igen Anstiftung des damaligen Staatspräs­identen Nicolas Sarkozy hatte sie nichts entgegenzu­setzen, im Gegenteil, wie man aus einem Briefwechs­el mit dem ExPolitike­r weiß: „Benütz mich so lange, wie es dir passt. Wenn du mich benützt, brauche ich dich als Führer und Helfer. Ohne Führer wäre ich wirkungslo­s.“Wer sich derart unterwirft, noch dazu einem Möchtegern­napoleon, der sich über dem Gesetz wähnt, hat nichts an einem Schalthebe­l über die Entwicklun­g der Weltwirtsc­haft verloren – selbst im Falle eines Freispruch­s.

Umso ärgerliche­r ist es, dass Lagarde im Frühjahr trotz Anklage als IWF-Chefin verlängert wurde. Den Fonds holt Lagardes und die eigene Nachlässig­keit nun ein.

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