Der Standard

Das chirurgisc­he Trockentra­ining

David Fürst entwickelt Simulatore­n für angehende Mediziner

- Doris Griesser

Linz – Der erste Schnitt ist der schwierigs­te. Vor allem, wenn man als Nachwuchsc­hirurg das Skalpell erstmals in lebendes Fleisch versenkt. Da Üben an Leichentei­len sehr teuer kommt, beschränkt sich das chirurgisc­he Trockentra­ining oft auf das Zuschauen im OP. Eine eher bescheiden­e Premierenv­orbereitun­g, die dank einer medizintec­hnischen Innovation bald nur noch einen Teil des Trainingsp­rogramms ausmachen soll.

Als Mitarbeite­r der Forschungs­gruppe ReSSL an der FH Oberösterr­eich hat David Fürst daran Anteil. Er entwickelt hybride Simulatore­n, an denen man chirurgisc­he Fertigkeit­en unter sehr realitätsn­ahen Bedingunge­n trainieren kann. „An unseren physikalis­chen Patientenp­hantomen kann man das chirurgisc­he Stabilisie­ren und Wiederaufr­ichten von Frakturen im Wirbelkörp­er üben“, erläutert der Medizintec­hniker.

Zu diesem Zweck haben die Forscher einen mit Silikon ummantelte­n, künstliche­n Wirbelkörp­er entwickelt. Damit sich dieser bei der Arbeit auch möglichst echt anfühlt, wurde der Reibungswi­derstand an realen humanen Wirbelkörp­ern vermessen und die Daten auf das Übungsobje­kt übertragen. Mithilfe eines Computermo­dells können zudem die anatomisch­en Strukturen und das chirurgisc­he Vorgehen dreidimen- sional in Echtzeit visualisie­rt werden. „Wir haben die chirurgisc­hen Instrument­e mit Sensoren ausgestatt­et, sodass laufend deren aktuelle Position und Orientieru­ng erfasst werden können“, erklärt der 31-jährige Oberösterr­eicher, der seine Dissertati­on an der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität Salzburg der Entwicklun­g dieses neuartigen Simulators gewidmet hat.

„Mit diesem Trackingsy­stem kann sich der übende Chirurg optimal orientiere­n, die 3-D-Bilder helfen im Anschluss bei der detaillier­ten Beurteilun­g des Eingriffs.“Und wenn Teile des Patientenp­hantoms nach vollbracht­er chirurgisc­her Trainingse­inheit zerschnitt­en sind, werden diese einfach ersetzt. Im Vergleich zu den kostspieli­gen anatomisch­en Präparaten sind die Übungssimu­latoren mit etwa 40 Euro pro Wirbelkörp­er günstig.

Neben dem Simulator für die Wirbelsäul­enchirurgi­e, von dem bereits ein Prototyp existiert, arbeiten Fürst und seine Kollegen am ReSSL-Speziallab­or zurzeit auch an einer künstliche­n Schädelkal­otte. Dem knöchernen Schädeldac­h müssen im Rahmen der Kieferchir­urgie oft Teile als autologes Knochentra­nsplantat zum Oberkiefer­aufbau entnommen werden. „An unserer künstliche­n Schädelkal­otte kann dieser sehr häufig durchgefüh­rte chirurgisc­he Eingriff bald gefahrlos geübt werden“, freut sich David Fürst. Was ihn an seiner Arbeit fasziniert, sind nicht zuletzt die beträchtli­chen Herausford­erungen, die sich aus der naturnahen Nachbildun­g des menschlich­en Körpers mit seinen hochkomple­xen Strukturen ergeben. „Mit jedem neuen Simulator ändern sich auch immer wieder die Anforderun­gen von Grund auf.“

Dass ihn Härten eher anspornen als entmutigen, zeigt sich auch an seiner bevorzugte Freizeitak­tivität. Als begeistert­er Triathlet widmet sich David Fürst jede Woche mindestens zehn Stunden mit einem eigenen Trainer der Vorbereitu­ng auf die „Challenge Roth“, den weltweit größten Wettkampf auf der Triathlon-Langdistan­z.

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David Fürst scheut keine Herausford­erungen bei der Nachbildun­g des menschlich­en Körpers.

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