SPÖ- Gerstorfer: „Harmonie ist nicht das Regierungsziel“
Rote Landeschefin will nicht „ewig dahinwurschteln“
Linz – Während es auf Bundesebene aktuell ordentlich knistert im Koalitionsgebälk, herrscht auf Landesebene die politische Gelassenheit vor. Oberösterreichs SPÖChefin Birgit Gerstorfer sieht in der aktuellen Debatte über den Zustand der Bundesregierung nur einen „Medienhype“. In der letzten Sitzung des SPÖ-Bundespräsidiums und des Bundesparteivorstandes habe es die klare Positionierung gegeben, dass man die Koalition nicht gefährden wolle. Gerstorfer: „Und diese Position verändert sich nicht durch diverse Berichte der Medien. Da wird jetzt wieder einmal die große Krise hineininterpretiert.“
Keine Liebe
Als harmonischen Paarlauf sieht die rote Landeschefin, die im Juni des Vorjahres die schwer angeschlagene SPÖ Oberösterreich übernommen hat, die Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP aber dennoch nicht. Was aber auch kein Problem sei: „ Harmonie ist nicht das Regierungsziel. Eine Koalition ist keine Liebesheirat.“Man wolle als SPÖ „etwas durchbringen“.
Gerstorfer: „Und wir sind zuletzt deutlich über unseren Schatten gesprungen, etwa bei Themen wie der Arbeitszeitflexibilisierung. Was fehlt, ist die adäquate Resonanz der ÖVP. Jetzt wird halt verhandelt. Aber die Journalisten sehen ja gleich die ganze Regierungszusammenarbeit gefährdet.“
Sollte es dennoch zu vorzeitigen Neuwahlen kommen, sieht die ehemalige Chefin des AMS Oberösterreich ihre Partei erwartungsgemäß gut gerüstet: „Mit dem ‚Plan A‘ hat die SPÖ Themen vorgegeben, die über ein Detailthema der siebenten Unterüberschrift hinausgehen. Wir haben ein Zukunftspaket für Österreich präsentiert. Und die ÖVP verliert sich in Randdebatten wie dem Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst.“Wobei die SPÖ-Landeschefin die Grenze der roten Belastbarkeit nicht genau definieren will: „Ein Scheidungsgrund kann manchmal eine Summe von Kleinigkeiten sein, es kann aber auch eine einzelne Grenzüberschreitung sein. Wo die Grenze für die SPÖ liegt, kann ich aber nicht vorhersagen. Auch nicht, ob diese Grenze jemals erreicht wird.“
In der eigenen Partei ortet Gerstorfer eine „bestimmte Form der Ungeduld“. Daher habe man der ÖVP hinsichtlich eines überarbeiteten Regierungsprogramms ein Ultimatum gesetzt: „Man kann ja nicht ewig dahinwurschteln. Und zu sagen, die ÖVP stehe jetzt mit dem Rücken zur Wand, ist lächerlich. Die ÖVP soll jetzt ganz einfach in konstruktive Gespräche einsteigen. Und wir reden hier nicht von absoluten Tabuthemen. Da sind Bereiche dabei, die immer im Forderungskatalog der ÖVP waren. Daher muss man sich die Frage stellen: Was ist jetzt der Grund für den schwarzen Widerstand?“
Eine Frage des Stils
Den Politikfrust vieler Wähler kann die Sozialdemokratin übrigens durchaus verstehen: „Meine Zeit vor der Politik ist noch nicht so lange zurück. Und als Nichtpolitikerin haben mir ja die Menschen auf eine andere Art ihre Positionen und Meinung über die Politik vermittelt.“Letztlich gebe es immer zwei ganz entscheidende Kritikpunkte: „Wie reden die Parteien miteinander und dann dieses ewige Im-Hamsterrad-neuStarten.“
Und sollte jemand eventuell entgegnen, dass der jüngst von Bundeskanzler Christian Kern präsentierte „Plan A“durchaus als roter Neustart zu interpretieren sein könnte, stellt Birgit Gerstorfer rasch klar: „Ja. Aber es ist ein sehr ernst gemeinter Neustart.“