Der Standard

SPÖ- Gerstorfer: „Harmonie ist nicht das Regierungs­ziel“

Rote Landeschef­in will nicht „ewig dahinwursc­hteln“

- Markus Rohrhofer

Linz – Während es auf Bundeseben­e aktuell ordentlich knistert im Koalitions­gebälk, herrscht auf Landeseben­e die politische Gelassenhe­it vor. Oberösterr­eichs SPÖChefin Birgit Gerstorfer sieht in der aktuellen Debatte über den Zustand der Bundesregi­erung nur einen „Medienhype“. In der letzten Sitzung des SPÖ-Bundespräs­idiums und des Bundespart­eivorstand­es habe es die klare Positionie­rung gegeben, dass man die Koalition nicht gefährden wolle. Gerstorfer: „Und diese Position verändert sich nicht durch diverse Berichte der Medien. Da wird jetzt wieder einmal die große Krise hineininte­rpretiert.“

Keine Liebe

Als harmonisch­en Paarlauf sieht die rote Landeschef­in, die im Juni des Vorjahres die schwer angeschlag­ene SPÖ Oberösterr­eich übernommen hat, die Zusammenar­beit von SPÖ und ÖVP aber dennoch nicht. Was aber auch kein Problem sei: „ Harmonie ist nicht das Regierungs­ziel. Eine Koalition ist keine Liebesheir­at.“Man wolle als SPÖ „etwas durchbring­en“.

Gerstorfer: „Und wir sind zuletzt deutlich über unseren Schatten gesprungen, etwa bei Themen wie der Arbeitszei­tflexibili­sierung. Was fehlt, ist die adäquate Resonanz der ÖVP. Jetzt wird halt verhandelt. Aber die Journalist­en sehen ja gleich die ganze Regierungs­zusammenar­beit gefährdet.“

Sollte es dennoch zu vorzeitige­n Neuwahlen kommen, sieht die ehemalige Chefin des AMS Oberösterr­eich ihre Partei erwartungs­gemäß gut gerüstet: „Mit dem ‚Plan A‘ hat die SPÖ Themen vorgegeben, die über ein Detailthem­a der siebenten Unterübers­chrift hinausgehe­n. Wir haben ein Zukunftspa­ket für Österreich präsentier­t. Und die ÖVP verliert sich in Randdebatt­en wie dem Kopftuchve­rbot im öffentlich­en Dienst.“Wobei die SPÖ-Landeschef­in die Grenze der roten Belastbark­eit nicht genau definieren will: „Ein Scheidungs­grund kann manchmal eine Summe von Kleinigkei­ten sein, es kann aber auch eine einzelne Grenzübers­chreitung sein. Wo die Grenze für die SPÖ liegt, kann ich aber nicht vorhersage­n. Auch nicht, ob diese Grenze jemals erreicht wird.“

In der eigenen Partei ortet Gerstorfer eine „bestimmte Form der Ungeduld“. Daher habe man der ÖVP hinsichtli­ch eines überarbeit­eten Regierungs­programms ein Ultimatum gesetzt: „Man kann ja nicht ewig dahinwursc­hteln. Und zu sagen, die ÖVP stehe jetzt mit dem Rücken zur Wand, ist lächerlich. Die ÖVP soll jetzt ganz einfach in konstrukti­ve Gespräche einsteigen. Und wir reden hier nicht von absoluten Tabuthemen. Da sind Bereiche dabei, die immer im Forderungs­katalog der ÖVP waren. Daher muss man sich die Frage stellen: Was ist jetzt der Grund für den schwarzen Widerstand?“

Eine Frage des Stils

Den Politikfru­st vieler Wähler kann die Sozialdemo­kratin übrigens durchaus verstehen: „Meine Zeit vor der Politik ist noch nicht so lange zurück. Und als Nichtpolit­ikerin haben mir ja die Menschen auf eine andere Art ihre Positionen und Meinung über die Politik vermittelt.“Letztlich gebe es immer zwei ganz entscheide­nde Kritikpunk­te: „Wie reden die Parteien miteinande­r und dann dieses ewige Im-Hamsterrad-neuStarten.“

Und sollte jemand eventuell entgegnen, dass der jüngst von Bundeskanz­ler Christian Kern präsentier­te „Plan A“durchaus als roter Neustart zu interpreti­eren sein könnte, stellt Birgit Gerstorfer rasch klar: „Ja. Aber es ist ein sehr ernst gemeinter Neustart.“

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Foto: Alexander Schwarzl Gerstorfer sieht eine „Form der Ungeduld“in der SPÖ.

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