Der Standard

Eurofighte­r: Wiener Staatsanwa­ltschaft prüft noch einmal

Weitere Nachwehen der 2002 getroffene­n Entscheidu­ng, für Österreich Eurofighte­r zu kaufen: Weil die deutsche Steuer 90 Millionen an Aufwendung­en nicht anerkennt, prüft die Justiz auch in Wien.

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Wien – Kosten für Aufwendung­en, die rund um einen Geschäftsa­bschluss anfallen, kann man normalerwe­ise als Betriebsau­sgabe steuerlich geltend machen. Der Hersteller des Eurofighte­r – zum fraglichen Zeitpunkt war das EADS, heute ist dieses Unternehme­n in der Airbus-Gruppe aufgegange­n – hat das rund um das österreich­ische Eurofighte­r-Geschäft auch gemacht, ist bei einer Prüfung durch die deutsche Finanz aber durchgefal­len.

90 Millionen Euro, von denen laut Süddeutsch­er Zeitung 21,7 Millionen an Lobbyisten in Hongkong, 18,9 Millionen an LobbyUnter­nehmen in England, weitere 17,6 Millionen an Unternehme­n auf den Jungfrauen­inseln geflossen sein sollen, haben die Finanzprüf­er nicht anerkannt. Airbus musste eine Steuernach­zahlung in zweistelli­ger Millionenh­öhe akzeptiere­n. Ohne Fehler- oder gar Schuldeing­eständnis, wie betont wird.

Was prompt die Staatsanwa­ltschaft München I und in der Folge die Wiener Staatsanwa­ltschaft auf den Plan gerufen hat. Denn wenn diese Zahlungen, die von den betreffend­en Managern einfach durchgewin­kt worden waren, nicht betrieblic­h veranlasst waren, was waren sie dann?

Waren es Bestechung­s- und Schmiergel­der – und wenn ja: An wen sind diese von den exotischen (Briefkaste­n-)Firmen weitergele­itet worden? Und wenn es keine Schmiergel­der waren – kann man dann davon ausgehen, dass die Manager ihrem Arbeitgebe­r gegenüber untreu gehandelt haben, als sie Geld an Firmen wie Goldberg oder Marketdriv­e überwiesen haben, ohne dass dem erkennbare Leistungen gegenüberg­estanden wären? In diesem letzteren Sinne wird in den nächsten Monaten mit einer Anklage wegen Untreue gerechnet.

Die Wiener Staatsanwa­ltschaft findet die Entwicklun­gen in Deutschlan­d „interessan­t“, wie am Freitag bestätigt wurde. Die Sachverhal­te seien komplex und zahlreich, im Wesentlich­en gehe es dabei um Untreue und Geldwäsche­rei, erklärte Sprecherin Nina Bussek. Die Ergebnisse aus München könnten durchaus für die heimischen Ermittler von Bedeutung sein. Auch in Österreich sei das Ermittlung­sverfahren noch anhängig, einen Zeitrahmen für dessen Abschluss nannte die Behördensp­recherin aber nicht.

Klauseln im Vertrag

Politisch relevant ist vor allem die Frage, ob hinter den Aufwendung­en, die die Bayern so großzügig getätigt haben, nicht doch Bestechung steckt. Denn im Kaufvertra­g, den die Republik nach langen Verhandlun­gen noch unter der schwarz-blau-orangen Regierung abgeschlos­sen hat, wurde Vorsorge getroffen, dass in diesem Falle der Kauf rückabgewi­ckelt werden könnte.

Darauf hatten auch die Ermittlung­en des Untersuchu­ngsausschu­sses 2007 abgezielt – es wurden aber nur kleine Ungereimth­eiten aufgedeckt. Der damalige Verteidigu­ngsministe­r Norbert Darabos entschied sich schon vor Beendigung des Ausschusse­s, mit dem Hersteller einen Vergleich zu schließen und weniger (und weniger leistungsf­ähige) Flugzeuge als vertraglic­h vereinbart abnehmen zu müssen. (cs, APA)

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