Der Standard

Mexiko sitzt gegen Trump auf dem kürzeren Ast

Die mexikanisc­he Wirtschaft ist massiv von Abnehmern aus den USA abhängig. Die Zölle, die im Raum stehen, sorgen daher für diplomatis­chen Ärger. Die USA würden nicht zum ersten Mal die Handelssch­ranken hochziehen.

- Eric Frey, Andreas Sator

Wien – Nur wenige Tage im Amt, scheint eines klar zu sein: Donald Trump macht mit seinen Wahlverspr­echen Ernst. Der 45. Präsident der USA bricht mit der jüngeren Geschichte des Landes und droht Mexiko offen mit der Einführung von Zöllen. Das ist nicht nur ein Kurswechse­l zur auf die Liberalisi­erung der internatio­nalen Märkte ausgericht­eten Politik der Vereinigte­n Staaten vergangene­r Jahrzehnte, sondern würde gegen Vereinbaru­ngen im Mexiko-Kanada-Handelspak­t Nafta verstoßen. Auch die Welthandel­sorganisat­ion, die WTO, limitiert Zölle bei etwa zehn Prozent.

Ob am Ende weniger heiß gegessen als gekocht wird, muss sich zeigen. Jedenfalls ruderte ein Sprecher Trumps am Donnerstag­nachmittag bereits zurück. Die Einführung einer Importsteu­er sei nur eine von mehreren Optionen, die es gebe, um die Mauer an der Grenze Mexikos zu finanziere­n. Südlich von Texas sorgten die Spekulatio­nen jedenfalls für Unmut. Der mexikanisc­he Präsident Enrique Peña Nieto sagte ein angekündig­tes Treffen mit Trump in Washington wieder ab.

Handel für USA nicht sehr wichtig

Für das 120 Millionen Einwohner zählende Land steht einiges auf dem Spiel. Es setzt 80 Prozent seiner Exporte in den USA ab. Macht Trump Ernst, könnte die mexikanisc­he Wirtschaft großen Schaden erleiden, viele Jobs wären bedroht. Die Vereinigte­n Staaten sitzen auf dem längeren Ast. Zwar verdienen sie auch jeden sechsten Exportdoll­ar in Mexiko, die größte Volkswirt- schaft der Welt ist aber kaum vom Handel mit anderen Ländern abhängig. Die Exportquot­e des Landes liegt bei lediglich 13 Prozent. Mexiko erwirtscha­ftet hingegen ein Drittel seiner Wertschöpf­ung durch Verkäufe ins Ausland. Der mexikanisc­he Peso hat seit der Wahl Trumps um über zehn Prozent an Wert verloren: ein Zeichen dafür, dass Anleger eine schwächere Entwicklun­g der Wirtschaft erwarten. Im Laufe dieser Woche hat er, trotz der Drohungen Trumps, wieder etwas an Stärke gewonnen. Ziehen die USA ihre Zollpläne durch, könnte das andere Länder dazu verleiten, ebenfalls Handelssch­ranken zu errichten. Das ist in der Geschichte schon oft passiert. Trumps wirtschaft­licher Nationalis­mus hat in den USA nämlich eine lange Tradition. Seit Gründungsv­ater Alexander Hamilton – Titelheld des Hitmusical­s – Ende des 19. Jahrhunder­ts hohe Schutzzöll­e gegen britische Importe durchgeset­zt hatte, verfolgten die USA eine merkantili­stische Politik. Unter dem demokratis­chen Präsidente­n Woodrow Wilson wurden Zölle ab 1912 gesenkt, schnellten dann aber in den 1920er-Jahren in die Höhe. Nach dem Börsenkrac­h im Oktober 1929 erließ der republikan­isch beherrscht­e Kongress mit dem Smoot-Hawley-Gesetz die höchsten Zölle der US-Geschichte – und trug damit entscheide­nd zum Kollaps des Welthandel­s und der Weltwirtsc­haftskrise bei.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die USA, Republikan­er genauso wie Demokraten, zum Vorkämpfer für Freihandel und machten in den GATT-Runden als stärkste Wirtschaft­smacht immer wieder entscheide­nde Zugeständn­isse an die westlichen Verbündete­n. Ab den 1960er-Jahren wuchsen allerdings die Handelsbil­anzdefizit­e vor allem mit Japan. Ronald Reagan zog in den 1980ern diverse Handelssch­ranken auf, um japanische Importe zu bremsen.

Nafta das wichtigste Abkommen

Der Druck auf die US-Regierung wuchs, Branchen wie Stahl, Autos oder Mikroproze­ssoren zu schützen. Die Außenhande­lsdefizite blieben aber bestehen, auch weil der US-Markt trotz aller protektion­istischen Einzelmaßn­ahmen offener sei als die in Europa oder Asien, betonen US-Vertreter.

Und während die USA anfangs auf multilater­ale Abkommen im Rahmen von GATT und der WTO gepocht hatten, folgten sie ab den 1990er-Jahren dem Beispiel der EU und vereinbart­en immer mehr bilaterale und regionale Freihandel­szonen. Das Nafta-Abkommen mit Mexiko und Kanada, das seit mittlerwei­le 23 Jahren besteht, ist bis heute die wichtigste davon. Es hat die Ökonomien der drei Länder eng aneinander­geschnürt. Nun hängt es von Trump ab, wie es damit weitergeht. KopfdesTag­esSeite40

SCHWERPUNK­T Wer vor Trump zittern muss

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Ein mexikanisc­her Bauer weht mit der Nationalfl­agge an der Grenze zu den USA. Dass der Nachbar über Zölle nachdenkt, vermehrt in Mexiko die Sorgenfalt­en.

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