America first als Schock für Erdogan
Türkei muss mit größten negativen Effekten der Trump-Politik rechnen
Wien – Die Abhängigkeit von den USA könnte für einige Länder zum Problem werden, sollte Donald Trump seinen harten Kurs betreffend Migration und Freihandel durchhalten. Neben Mexiko sind einige asiatische Staaten besonders betroffen. Neben den hohen Ausfuhren – hier weisen die Philippinen einen US-Anteil von gut 15 Prozent an den Gesamtexporten aus – spielen Migranten für die Wirtschaft eine große Rolle. Denn: Die ausgewanderten Philippiner zeichnen mit ihren Überweisungen an Familienangehörige in der früheren Heimat für beträchtliche Einkommensunterstützung verantwortlich.
Sollten Migranten in großem Stil ausgewiesen werden, würde eine wichtige Konjunkturstütze wegfallen. Gut ein Drittel der emigrierten Philippiner leben in den USA. Ebenfalls groß ist die Abhängigkeit von Ausfuhren nach Amerika in anderen asiatischen Staaten wie Indonesien, Malaysia oder Südkorea. Seoul muss überdies – ähnlich wie Mexiko – um den Fortbestand eines Freihandelsabkommens mit den USA zittern. Und: Für die militärische Unterstützung soll das Land künftig tief in die Tasche greifen, hatte Trump schon im Wahlkampf gemeint.
Werden die Risiken noch weiter gefasst, rückt die Türkei in den Fokus der Staaten, die vom Weißen Haus einiges zu befürchten haben. Die japanische Bank Nomura hat dazu ein Risikoszenario erstellt. Sollten Steuerentlastung und steigende Inflation in den USA die Notenbank Fed zu stärkeren Zinserhöhungen und damit verbunden zu einer deutlichen Dollaraufwertung führen, wäre die ohnehin schon fragile türkische Wirtschaft stärker betroffen als lateinamerikanische oder asiatische Volkswirtschaften. Letztere haben nämlich dank solider Haushalte und hoher Devisenreserven weit mehr Spielraum, um potenzielle TrumpSchocks abzufedern. Die Türkei hingegen leidet unter einem notorischen Handelsbilanzdefizit.
Das Loch konnte in den letzten Jahren nur dank hoher Kapitalzuflüsse aus dem Ausland gestopft werden. Dazu kommt die hohe Verschuldung der privaten Haushalte. Sinkt die Lira, wachsen die in Fremdwährung aufgenommenen Verbindlichkeiten. Um den Lira-Fall zu stoppen, muss die Türkei die Zinsen erhöhen, was wiederum das Wachstum belastet. Nomura rechnet in dem Risikoszenario mit heftigen Zinsanhebungen um bis zu vier Prozentpunkte – weit mehr als in Mexiko (1,75 Prozentpunkte). Tatsächlich hat die Notenbank des Landes vergangene Woche erneut auf die Verwerfungen reagiert und den Zinssatz um 0,75 Prozentpunkte auf 9,25 Prozent angehoben. Bereits vor zwei Wochen hatte die Türkische Zentralbank an den Devisenmärkten interveniert, um den Lira-Verfall zu stoppen – vergeblich.
Wegen der Kombination aus wirtschaftlicher und politischer Instabilität des Landes machen internationale Investoren einen Bogen um das Land. Attacken des autoritären Staatschefs Tayyip Erdoan auf die „internationale Zinslobby“haben bisher keinerlei Früchte getragen. (as)