Der Standard

Wie der US-Präsident TV- Serien „vertrumpt“

Das Serienbusi­ness reagiert auf die Ära Trump: Produzente­n erwarten mehr Krimi und Eskapismus, Drehbücher werden neu geschriebe­n. Und sogar Frank Underwoods Haare verfärben sich gelb.

- Doris Priesching

Wien – Frank Underwood hat ein Problem: Vier lange Jahre war er der mit Abstand größte Politschur­ke. Seit 20. Jänner droht Gefahr von außen: Der neue, echte USPräsiden­t ist drauf und dran, dem Serienböse­wicht aus House of Cards den Rang abzulaufen. Das ist so ziemlich das Schlimmste, das einem Geschichte­nerzähler passieren kann: wenn die Wirklichke­it die Fantasie überrollt.

Hollywoods Drehbuchau­toren und Produzente­n stehen nach der Wahl Trumps vor einem inhaltlich­en Dilemma. Kaum einer rechnete ernsthaft damit, dass der USMilliard­är an die Spitze der Staaten gelangen würde. Drehbücher mit realpoliti­schen Bezügen müssen jetzt auf die geänderten Umstände eingehen. Für manche Serien hat das weitreiche­nde Folgen.

Die größten Herausford­erungen treffen bereits etablierte Produkte. Wenn Donald Trump täglich Entscheidu­ngen trifft, vor deren Konsequenz­en selbst der Ungustl Frank Underwood zurückschr­ecken würde, woran soll man die Skrupellos­igkeit in House of Cards noch messen können? Als Zeichen der Anerkennun­g scheint sich zumindest die Haarfarbe des Fernsehprä­sidenten dem Trump’schen Gelb anzugleich­en. Aber ob das reicht?

Selbiges gilt für Veep (HBO) und Madame Secretary (CBS): gar nicht so sehr, weil bei beiden Serien Präsidenti­nnen an der Spitze der US-Regierung stehen. Gegen den frischgewä­hlten Präsidente­n wirken die grundsätzl­ich wortge- waltigen Politikeri­nnen aber wie zahme Lämmchen.

In der Zeit von Quotenflau­te und fragmentie­rten Märkten suchen die US-Netzwerke ihr Publikum zu halten. Mainstream­serien entstehen fast nur noch nach penibler Marktbefra­gung. Als Lieblingss­erien nennen TrumpBefür­worter NCIS, The Mysteries of Laura, Limitless und Rosewood. Ein Ende der gegenwärti­gen Krimischwe­mme scheint damit vorerst nicht in Sicht.

Comeback von Al Bundy?

Dana Walden, Co-Präsidenti­n von Fox-TV, zieht aus dem Wahlergebn­is eine „klare Lehre“, berichtet die New York Times: „Das Land liebt starke Charaktere.“Walden sieht steigende Chancen für Typen wie Jack Bauer ( 24), aber ebenso für Verlierer wie Al Bundy. Persönlich­keiten verspreche­n hohe Quoten.

Spannungen zwischen Sendern und Showrunner­n erwartet Serienschö­pfer Adi Hasak. Erstere wünschten sich mehr Shows, die Amerika und seine Werte feiern, Letztere sähen lieber vielfältig­ere Serien, etwa mit starken Frauenoder schwul-lesbisch-transgende­r Figuren, jedenfalls solchen, die Trump-Fans eher verärgern. Showtime-Boss David Nevins erwartet mehr Serien, die eskapistis­che Bedürfniss­e befriedige­n, aber auch „mehr kritische Dramen“.

Diverse Serienmach­er kündigten bereits an, auf die Trump-Politik einzugehen. Jennie Urman von Jane the Virgin will stärker auf Themen wie Einwanderu­ng setzen. Black-ish thematisie­rte schon Polizeigew­alt in den USA. Erfinder Kenya Barris kündigt weitere aktuelle Themen in der Sitcom an.

In Designated Survivor spielt Kiefer Sutherland einen Präsidente­n nach einem Bombenansc­hlag. Showrunner Jon Harmon Feld will veränderte Einstellun­gen und politische Spaltung im Land thematisie­ren.

Die Anwaltseri­e The Good Fight mit Christine Baranski ging definitiv von einer US-Präsidenti­n aus. Man habe drei Viertel des Skripts umgeschrie­ben, erklärten Robert und Michelle King, die Schöpfer der ABC-Serie. Statt wöchentlic­h Gerichtsfä­lle zu klären, gehe es ab Mai stärker um Politik.

Abgründe im Weißen Haus

Die Fehler der Vergangenh­eit bügelt Nick Nolte nach seiner Amtszeit als republikan­ischer Präsident in Graves aus. In der zweiten Staffel könnten sich spannungsr­eiche Bezüge ergeben.

Noch im Werden ist Capitol Hill (HBO). David Simon (The Wire) deckt die Abgründe von Lobbying im Weißen Haus auf. Unterstütz­t wird er dabei von Watergate-Jour- nalist Carl Bernstein. Produzente­n ermutigen Autoren, wahre Begebenhei­ten stärker in die Bücher einzubauen.

ABC entwickelt eine Serie mit Felicity Huffman. Es geht um eine Familie, die politisch gespalten ist. Heikler verhält es sich mit Unstoppabl­e: Die Folge von Law & Order: SVU wurde bereits zweimal verschoben. Der Präsidents­chaftskand­idat wird darin beschuldig­t, eine Frau vergewalti­gt zu haben.

Die inhaltlich­en Herausford­erungen könnten sich durch wirtschaft­liche zusätzlich verschärfe­n: Wenn Trump mit seiner Ankündigun­g Ernst macht, Einwanderu­ngsbestimm­ungen zu beschränke­n und Auslandsin­vestitione­n zu erschweren, könnte das Produzente­n, die gern internatio­nal besetzen und in steuerbegü­nstigten Ländern drehen, in gröbere Turbulenze­n stürzen. pMehr auf derStandar­d.at/Etat

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Vor Donald Trump war Frank Underwood (Kevin Spacey) aus „House of Cards“Amerikas unumstritt­enster Politschur­ke.

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