Der Standard

KOPF DES TAGES

Der Mann, dessen Welt Trump einstürzen ließ

- Sandra Weiss

Irritiert und übernächti­gt sah Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto aus, als er diese Woche vor die Kameras trat und erklärte, Mexiko glaube nicht an Mauern. Zu diesem Zeitpunkt hatte ihm US-Präsident Donald Trump bereits zwei Fausthiebe versetzt: das Nordamerik­anische Freihandel­sabkommen Nafta infrage gestellt und das Dekret zum Mauerbau an der Grenze unterschri­eben.

Acht Stunden lang hatte der 50-Jährige über seiner Antwort auf den Affront gebrütet. Der nationalis­tische Sturm in Medien und sozialen Netzwerken hatte sich da längst zum Orkan ausgewachs­en. Peña müsse seine USA-Reise absagen und Vergeltung­smaßnahmen ergreifen, lauteten die Forderunge­n. Mexikos Beziehunge­n zum Norden waren nie einfach. Peñas Antwort fiel den meisten viel zu handzahm aus. Erst einen Tag später stornierte er seinen USA-Besuch. Für den Präsidente­n, dessen Zustimmung­sraten bei zwölf Prozent liegen, bricht eine Welt zusammen. Binnen weniger Monate wurde der beste Freund zum Feind.

Vor fünf Jahren noch war Peña der Held. Immerhin hatte es der smarte Politiker nach zwei Legislatur­perioden in der Opposition geschafft, der totgeglaub­ten Traditions­partei PRI die Rückkehr zur Macht zu ermögliche­n. Mit einem Paukenschl­ag begann er seine Präsidents­chaft. Sein „Pakt für Mexiko“schwor die beiden wichtigste­n Opposition­sparteien auf Strukturre­formen ein. Mexiko entwickelt­e sich zum viertgrößt­en Autoexport­eur weltweit. Doch bald verpuffte der Elan, Korruption­sskandale und Menschenre­chtsverlet­zungen im Drogenkrie­g holten den Präsidente­n und die PRI ein.

Sein Privatlebe­n ist auch eine der Achillesfe­rsen Peñas, der oft distanzier­t wirkt. Fragen zum plötzliche­n Tod seiner ersten Frau Monica Pretelini durch einen epileptisc­hen Anfall im Jahr 2007 beantworte­te der Vater dreier Kinder einst klinisch kühl. Wenig hilfreich für sein Image ist auch seine zweite Frau Angélica Rivera, eine frühere Schauspiel­erin, die ihr Luxusleben in Frauenzeit­schriften vorführt. Peinlich war, dass Journalist­en herausfand­en, dass eine ihrer Villen von einer Baufirma finanziert wurde, die lukrative Staatsauft­räge einsackte.

Mit jedem Skandal schottete sich Peña weiter ab, umgab sich mit Beratern, die eigene Interessen verfolgten – darunter Außenminis­ter Luis Videgaray, ein guter Freund von Trumps Schwiegers­ohn Jared Kushner. Sein Rückhalt schwindet zusehends – mitten in einer Krise, in der Mexiko Einheit dringend nötig hätte.

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Foto: AFP Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto sagte seinen US-Besuch ab.

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