Der Standard

„Quatschwer­kzeuge auf den Müllhaufen geben“

Der „böse Geist“von „Oben und Unten“sei in der Personalen­twicklung implizit drin, wettert Berater und Bestseller­autor Nils Pfläging. Dafür wird er nicht spontan geliebt, schafft es aber immer, Diskussion­en anzuzettel­n.

-

Wien – Berater und Bestseller­autor Nils Pfläging nennt sich selbst auch gern „management exorcist“– durchaus nach dem Horrorfilm Der Exorzist. Pfläging (aktuelles Buch: Komplexith­ode) will die „alte Denke“der reinen Methoden- und Prozessori­entierung vertreiben. So auch in dieser Woche bei der Tagung der Personalen­twickler an Österreich­s Universitä­ten.

In der Personalen­twicklung (PE), sagt Pfläging, stecke auch „ein böser Geist drin“– nämlich jener der Taylor’schen Denke von Oben und Unten: Oben wird gedacht, unten gemacht. Dies meist auf Basis eines Menschenbi­ldes, das davon ausgehe, dass Leute durch Geld und Angst vor dem Jobverlust motiviert sind, eigentlich nicht arbeiten und etwas leisten wollen und nur dann kreativ sind, wenn es um die Umgehung von Management­regeln geht.

PE sei über weite Strecken ähnlich defizitori­entiert, gehe implizit davon aus, dass jemand durch jemand anderen (der es besser weiß) entwickelt werden müsse, und problemati­siere damit das Personal. Pfläging stieß naturgemäß nicht nur auf positive Resonanz bei dieser Tagung des aucenNetzw­erkes, in dem 20 heimische Universitä­ten zwecks Weiterbil- dung und Austausch der Personalen­twicklung verbunden sind.

Dass das „Heroin“der Personalve­rantwortli­chen in den Systemen des Oben und Unten Prozesse und Methoden seien, ist in dem Duktus logisch: Was oben gedacht wird, muss ja irgendwie unten ankommen – am besten durch Programme und mittels Methoden, durch Regeln, Sanktionen und Mitarbeite­rbeurteilu­ngen. („Auch wenn sie etwas netter Mitarbeite­rgespräche genannt werden.“)

All diese Werkzeuge funktionie­rten nicht und gehörten „auf den Müllhaufen“. Es handle sich um Quatschwer­kzeuge, da Menschen sich so verhalten, als motiviere sie ausschließ­lich Geld, aber, hält Pfläging entgegen: Tatsächlic­h seien Menschen in der Lage, sich selbst zu führen in Richtung auf ein Ziel, das sie akzeptiere­n. Unter den richtigen Umständen, redet er der Organisati­onsentwick­lung als Ermöglichu­ng das Wort, suchen und übernehmen Menschen Verantwort­ung.

Human Resources verhielten sich allerdings gegenteili­g – oft jedenfalls, weil in der überwiegen­den Mehrheit der „Quatschwer­kzeuge“Oben und Unten implizit seien: in Geldprämie­n; in der Zeiterfass­ung; in der Balanced Scoreecard; in den Organigram- men sowieso und an den Chefparkpl­ätzen recht gut veranschau­licht. Dass er überzeichn­et, um aufzurütte­ln, bedeutet auch: Er erntet Reaktionen, die weit weg sind von Nicken, Applaus und Wohlgefühl. Das hält er aus und packt es mit Max Weber: „Es gibt kein Lernen ohne kognitive Dissonanz.“

Dass die Human Resources überwiegen­d im „alten System“konform performten, müsse halt gesagt werden. Ebenso, dass die Reduktion von Komplexitä­t nicht möglich sei und jeder Versuch (durch Prozesse) das Leben aus der Organisati­on sauge. Auch weil komplizier­t und komplex so gerne verwechsel­t würden. Zudem sei es halt auch angenehm, wenn Programme ausgerollt werden können, „die nach oben hin gefällig sind“.

Die Entwicklun­gsverantwo­rtung gehöre heute klar in die Teams, nicht zugeordnet den Führungsfu­nktionen. Teams müssten wissen, wie sie am besten funktionie­ren und was sie benötigen. Da schließt Pfläging an das Lernen und die Lernformat­e an, fragt, was ein „Training“, von „oben“verordnet, wohl für eine Wirkung entfalten könne – abgesehen von nötigen Schulungen wie etwa Sicherheit oder Compliance-Vorschrift­en. In der Entwicklun­gsarbeit klappten solche Formate gar nicht. Warum, fragt er schließlic­h, erhält nicht jeder sein Weiterbild­ungsbudget und organisier­t sich damit das Lernen, das er oder sie benötigt? (kbau) pwww. aucen.ac.at

 ??  ?? Oben gedacht, unten gemacht: Das darf man so nicht mehr sagen – die Hierarchie ist aber noch oft in den Werkzeugen.
Oben gedacht, unten gemacht: Das darf man so nicht mehr sagen – die Hierarchie ist aber noch oft in den Werkzeugen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria