Der Standard

Nürnberger­s fehlende Unterschri­ft

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Im Jänner 2000 verhandelt­e die SPÖ unter Viktor Klima mit der ÖVP unter Wolfgang Schüssel über die Fortführun­g einer rotschwarz­en Koalition. Die ÖVP war bei der vorangegan­genen Nationalra­tswahl mit 26,9 Prozent und wenigen Stimmen Unterschie­d auf den dritten Platz hinter der FPÖ, die ebenfalls auf 26,9 Prozent kam, abgerutsch­t.

Schüssel ließ die Koalitions­verhandlun­gen mit der SPÖ schließlic­h platzen und schickte den Wahlsieger (33,2 Prozent) in die Opposition. Schuld daran war eine fehlende Unterschri­ft. Der sozialdemo­kratische Gewerkscha­fter Rudolf Nürnberger hatte sich geweigert, seine Unterschri­ft unter die an sich fertige Koalitions­vereinbaru­ng zu setzen. Er hät- te damit auch grünes Licht für ein höheres Antrittsal­ter bei Frühpensio­nen gegeben, das wollte er nicht mittragen.

Zuvor hatte Schüssel die Forderunge­n ständig in die Höhe getrieben, hatte von der SPÖ erst das Innenminis­terium, dann das Finanzmini­sterium gefordert. Die fehlende Unterschri­ft Nürnberger­s gab schließlic­h den Ausschlag, die große Koalition war damit – zumindest für ein paar Jahre – Geschichte. Viktor Klima scheiterte beim Versuch, eine Regierung zu bilden, Schüssel verhandelt­e parallel mit der FPÖ und einigte sich mit Jörg Haider auf einen Koalitions­pakt. Bundespräs­ident Thomas Klestil musste mit versteiner­ter Miene eine schwarz-blaue Regierung angeloben. (red)

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