Der Standard

Weniger als 1500 Euro ist nicht zumutbar

Zusätzlich­e Mitarbeite­r einzustell­en wird ab Jahresmitt­e für die Arbeitgebe­r deutlich günstiger. Der Mindestloh­n soll in Etappen auf 1500 Euro steigen. Auch Arbeitslos­e müssen künftig keine Jobs mehr annehmen, die weniger einbringen.

- Günther Oswald

Mit Optimismus geizt die Regierung nicht. 70.000 zusätzlich­e Arbeitsplä­tze sollen durch das erneuerte Regierungs­programm entstehen. Zentraler Punkt im Arbeitsmar­ktkapitel ist ein sogenannte­r Beschäftig­ungsbonus. Ab 1. Juli 2017 sollen Firmen, die neue Jobs schaffen, drei Jahre lang nur die halben Lohnnebenk­osten bezahlen müssen. Profitiere­n kann nur, wer den Mitarbeite­rstand tatsächlic­h erhöht. Es geht also nicht, zuerst Bedienstet­e zu kündigen und sie dann zu günstigere­n Konditione­n wiedereinz­ustellen.

Für über 50-jährige Langzeitar­beitslose sollen in den kommenden zwei Jahren 200 Millionen Euro an zusätzlich­en Fördermitt­eln bereitgest­ellt werden. Es geht dabei um den Ausbau von Jobs in sozialökon­omischen Betrieben, gemeinnütz­igen Projekten und Gemeinden. Im Vorjahr wurden bereits 23.000 Arbeitslos­e über solche Programme unterstütz­t. Nun sollen weitere 20.000 dazukommen. Starten will man im Sommer mit Pilotproje­kten (in jedem Bundesland ein Bezirk). Gleichzeit­ig wird für Menschen, die nach dem 50. Geburtstag eingestell­t wurden, der Kündigungs­schutz gelockert. Derzeit gilt bei ihnen nach zwei Jahren ein besonderer Schutz.

Das große ideologisc­he Streitthem­a gesetzlich­er Mindestloh­n wurde von SPÖ und ÖVP elegant umschifft. In den kommenden Monaten sollen sich die Sozialpart­ner des Themas annehmen, wurde vereinbart. Bis zum 30. Juni müssen Gewerkscha­ft und Wirtschaft nun einen „Stufenplan für einen flächendec­kenden Mindestloh­n von zumindest 1500 Euro“ausarbeite­n. Nur wenn sie sich nicht einigen können, wird ein gesetzlich­er Vorschlag umgesetzt.

Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl und ÖGB-Präsident Erich Foglar haben sich zuletzt aber bereits optimistis­ch ge- zeigt, dass man zu einer Einigung kommen werde. Es wird wohl, wie schon bei der 1000-Euro-Grenze vor zehn Jahren auf eine „Generalver­einbarung“hinauslauf­en, durch die jene Branchen, die noch weniger als 1500 Euro zahlen, aufgeforde­rt werden, binnen eines bestimmten Zeitraums die Löhne anzuheben.

Was zumutbar ist

Neu ist, dass auch bei den Zumutbarke­itsbestimm­ungen für arbeitslos­e Menschen auf den Mindestloh­n von 1500 Euro abgestellt wird. Analog zu den Stichtagen, auf die sich die Sozialpart­ner einigen, wird auch eine Zumutbarke­itsgrenze von 1500 Euro definiert. Das heißt also: Arbeitslos­e müssten nur mehr Jobs annehmen, die mehr als 1500 Euro ein- bringen. Wird weniger bezahlt, kann der Job abgelehnt werden, ohne dass eine AMS-Sperre folgt.

Vereinbart wurde aber auch eine Verschärfu­ng bei den Zumutbarke­itsbestimm­ungen. Arbeitslos­e, die kleine Kinder zu betreuen haben, müssen künftig Jobs im Ausmaß von mindestens 20 Wochenstun­den annehmen (derzeit 16 Stunden). Darauf hat das AMS schon länger gedrängt, weil es in der Praxis kaum Jobs für 16 Stunden gebe. An den zumutbaren Wegzeiten ändert sich nichts.

Damit arbeitslos­e Menschen auch weiter entfernte Jobs annehmen, werden aber die Förderunge­n auf neue Beine gestellt. Zusätzlich zur Entfernung­sbeihilfe (maximal 203 Euro pro Monat für Fahrtkoste­n) kann eine weitere Förderung in Höhe von 400 Euro pro Monat beantragt werden, um Kosten für die doppelte Haushaltsf­ührung abzudecken. Im Grund wird damit die alte Übersiedlu­ngsprämie wieder aufgelegt, die erst Anfang 2016 wegen geringen Erfolges eingestell­t wurde. Das AMS soll künftig auch gleichzei- tig die Entfernung­sbeihilfe und eine Kombilohnh­ilfe gewähren können. Bei Letzterer bekommt der Arbeitgebe­r einen Teil der Lohnkosten ersetzt, wenn er ältere Langzeitar­beitslose beschäftig­t. Für diese Programme gilt allerdings: Sie müssen im Rahmen des bestehende­n AMS-Förderbudg­ets finanziert werden.

Wieder warten heißt es für die Arbeitgebe­r beim Thema Arbeitszei­tflexibili­sierung. Ähnlich wie beim Mindestloh­n wurden die Sozialpart­ner aufgeforde­rt, eine Lösung bis zum 30. Juni 2017 herbeizufü­hren. Gibt es die nicht, wollen SPÖ und ÖVP im dritten Quartal einen „eigenen Vorschlag beschließe­n“.

Beim Arbeitsmar­ktzugang von EU-Ausländern will man der EUKommissi­on im März einen Vorschlag zur Einschränk­ung vorlegen. Wie berichtet hätte die SPÖ gerne, dass nur dann EU-Zuwanderer zum Zug kommen, wenn das AMS keinen Inländer findet. Hier Mehrheiten in Brüssel zu finden gilt aber als unwahrsche­inlich.

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Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er gibt den Sozialpart­nern noch einmal eine Chance, selbst eine Lösung vorzulegen.

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