Der Standard

„Er ist sozusagen das perfekte Auto“

Günter Bresnik über den ewigen Roger Federer, der Tennis ausschließ­lich aus Leidenscha­ft spielt

- Christian Hackl

Melbourne/Wien – Der 35-jährige Roger Federer hat auch seinen letzten offizielle­n Termin in Melbourne souverän absolviert. Am Morgen nach dem Finale fand das traditione­lle Fotoshooti­ng mit dem Sieger statt. Schlägt man Rafael Nadal bei den Australian Open in fünf Sätzen und gewinnt deshalb den 18. Grand-Slam-Titel, sagt der Betroffene: „Ich bin sehr müde, meine Beine schmerzen wie verrückt, mein Rücken ist steif. Ich hatte keine Physiobeha­ndlungen, zudem habe ich auch noch getanzt. Ich werde Zeit brauchen, bis ich das realisiert habe.“Und der Schweizer fügte an: „Ich will noch einige Jahre Tennis spielen.“Darauf hat die Welt gewartet und gehofft.

Schnitt. Günter Bresnik, Trainer von Dominic Thiem, hat sich das legendäre Finale selbstvers­tändlich angeschaut. Daheim im Fernsehen. Seine Sympathien waren gleich verteilt. „Denn Nadal und Federer sind zwei angenehme Persönlich­keiten.“Da der 55-jährige Bresnik von nostalgisc­hen Gefühlen nicht ganz befreit ist, „war siegt hat.“Nadal ist 30, im Vergleich fast ein Jungspund. „Schön ist, dass Federer die ganzen selbsterna­nnten Experten, die ihn abgeschrie­ben haben, Lügen strafte. Obwohl ihm selbst das Gefühl der Genugtuung fremd ist.“

Federer sei, so Bresnik, ein „ideales Gesamtpake­t. Es gibt Autos, die haben viele PS und fahren schnell. Dafür sind sie hässlich. Und dann gibt es welche, die sehen zwar toll aus, werden aber vom Rost gefressen. Federer ist sozusagen das perfekte Auto. Es ist schnell, hält ewig, es gefällt jedem. Und umweltfreu­ndlich ist es auch.“Was Federer zusätzlich auszeichne­t, „ist der respektvol­le Umgang mit den Mitmensche­n. Er unterschät­zt keinen anderen Spieler, ist höflich, kein Marktschre­ier.“Es sei kommunikat­ionstechni­sch auch förderlich, „dass er fünf Sprachen spricht. Das schafft eine Form von Nähe, trägt zur globalen Beliebthei­t bei.“

Federers Spielweise ist laut Bresnik „eine Augenweide. Diese Eleganz ist einmalig, man bewundert ihn gerne. Bei einem anderen Spieler wären die Gegner neidig.“Zuletzt hatte der Schweizer, der nun wieder die Nummer zehn im Tennis ist, 2012 bei einem Major (Wimbledon) triumphier­t. Bresnik glaubt, die Gründe (nicht alle) für den Coup in Australien zu kennen. „Er war nicht hungrig nach weiteren Erfolgen, Hunger ist irgendwie negativ besetzt. Federer spielt Tennis aus Leidenscha­ft, aus Liebe. Sogar das harte Training ist für ihn pure Lust.“Erfolg sei, so Bresnik, keine Frage des Alters. „Es ist Fakt, dass es mit 30 nicht vorbei sein muss.“Dass im Tennis die Karrieren ziemlich lange dauern, sei kein Trend, man müsse von Fall zu Fall urteilen. Das Damenfinal­e in Mel35-jährige Serena Williams und ihre um ein Jahr ältere Schwester Venus. „Das liegt in erster Linie daran, dass das Damentenni­s momentan eher schwach besetzt ist.“Dominic Thiem schuftet derzeit in der Südstadt, der 23-Jährige bereichert nächste Woche das Turnier in Sofia. Was Thiem von Federer lernen kann? „Roger hat sehr früh sein Spiel gefunden, bei Dominic ist das nicht der Fall, er sucht noch.“Günter Bresnik schließt ein weiteres Grand-SlamFinale zwischen Federer und Nadal nicht aus. „Obwohl es immer unwahrsche­inlicher wird, denn die anderen schlafen nicht.“Roger Federer sagte noch in Melbourne: „Wow.“

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Foto:APA/AFP/Khan Roger Federer lächelte am Tag danach die Müdigkeit weg.

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