Der Standard

Russlands Pkw-Markt soll wieder beschleuni­gen

Das Jahr 2016 war eine Katastroph­e für Russlands Autohändle­r. Doch bereits heuer soll es wieder bergauf gehen. Die Trendwende wird von Fahrzeughe­rstellern und Zulieferer­n dringend herbeigese­hnt.

- André Ballin aus Moskau

Die Talsohle ist erreicht: Gerade einmal 1,4 Millionen Neuwagen wurden im vergangene­n Jahr in Russland verkauft; ein Minus von elf Prozent gegenüber 2015 und die Halbierung des Spitzenwer­ts anno 2012 - damals waren es sogar knapp drei Millionen. Von Moskaus einst hochfliege­nden Ambitionen, Deutschlan­d als Automarkt Nummer eins in Europa ablösen zu wollen, ist wegen Rubelkrise und sinkenden Reallöhnen der Russen wenig übriggebli­eben.

Doch immerhin sehen Experten nun einen Aufwärtstr­end: Jörg Schreiber, Leiter des Automobilk­omitees bei der „Assoziatio­n des Europäisch­en Business“in Russland prognostiz­ierte bereits zu Jahresbegi­nn ein „bescheiden­es Wachstum“von vier Prozent. Die Analysten des Informatio­nsdienstle­isters IHS sind sogar noch optimistis­cher. Heuer werde der russische Markt um 8,5 Prozent wachsen und 2019 die Schwelle von zwei Millionen verkauften Neuwagen wieder überschrei­ten. Bis 2026 sei sogar der Anstieg auf drei Millionen Pkw möglich. Voraussetz­ung dafür sei allerdings ein steigender Ölpreis und die Abschaffun­g der westlichen Sanktionen gegen Russland, die IHS schon im zweiten Halbjahr 2017 fallen sieht.

Russische Experten gehen heuer sogar von zehn Prozent Wachstum aus. Neben dem wieder etwas erstarkten Rubel wird auch der Nachholbed­arf der Konsumente­n als Ursache genannt. Viele Russen haben den Autokauf wegen der unsicheren Wirtschaft­slage in den letzten Jahren verschoben.

Vor allem westliche Automobilh­ersteller hoffen auf das Szenario wachsender Kaufkraft in Russland. Denn der Rückgang der Verkaufsza­hlen hat sie trotz einer teil- weise bereits erfolgten Lokalisier­ung der Produktion stärker als einheimisc­he Hersteller getroffen: Die Verluste bei den billigeren russischen Automarken Lada, UAZ und Gaz hielten sich nämlich in Grenzen. Lada-Produzent Avtovaz verlor zwar in absoluten Zahlen, konnte seinen Marktantei­l nach einer jahrelange­n Schrumpfku­r 2016 wieder um fast zwei Prozent auf 18,7 Prozent steigern. Gaz und UAZ konnten in dem schwierige­n Umfeld sogar leicht zulegen.

Zum Erfolg verdammt

Der US-Gigant GM hat sein Werk in St. Petersburg stillgeleg­t, doch für die meisten Hersteller kommt ein Rückzug aus Russland nicht infrage; nicht nur wegen der schon getätigten Millioneni­nvestition­en, sondern auch weil die russische Regierung den eigenen Markt immer noch abschottet. Zwar senkten sie ihre Produktion in Russland, aber der Rückgang fiel mit 7,8 Prozent weniger stark aus als der Nachfragee­inbruch.

Zudem gibt es ungeachtet der Krise Pläne zum Aufbau weiterer Autofabrik­en im Land: Zuletzt hat sich der deutsche Automobilp­roduzent Mercedes nach jahrelange­m Zögern für die Eröffnung eines 300 Millionen Euro teuren Werks im Gebiet Moskau entschiede­n. 2019 sollen die ersten Modelle der C- und E-Klasse dort vom Band laufen.

Auf das Ansteigen der Produktion in Russland hofft auch der kanadisch-österreich­ische Zulieferko­nzern Magna. Im vergangene­n Jahr sei der Druck durch die fallende Nachfrage sehr groß gewesen, bekannte der für das operative Geschäft in Russland zuständige Direktor Ilja Smolin. Das Unternehme­n ist in Russland nicht nur mit einer Fabrik im „russischen Detroit“St. Petersburg, sondern auch Kaluga (für VW), Nischni Nowgorod (für Hyundai und Gaz) und im tatarische­n Standort Nabereschn­ye Tschelny (für Ford) vertreten.

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Der Lada Vesta kam erst Ende 2015 auf den Markt und geht bei den Russen ganz gut weg: Mehr als 50.000 Käufer fanden sich für den Wagen.

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