Schlecht verkaufbar
Schwarze Idee, rote Handschrift: Bei der Debatte um die kalte Progression, die Werktätigen höhere Steuern trotz stagnierender Einkommen beschert, haben sich SPÖ und ÖVP einen typischen großkoalitionären Kompromiss abgerungen. Herausgekommen ist eine Lösung, die sich schlechter verkaufen lässt, als sie ist: Statt allen sechs werden nur die beiden unteren Steuerstufen automatisch an die Inflation angepasst, ein Teil der Abgeltung soll anhand eines Progressionsberichts verteilt werden. Umständlich genug, sodass viele Menschen nicht durchblicken werden – und sich auf Verdacht benachteiligt fühlen.
Im Prinzip sind die Argumente, mit denen die SPÖ eine simple, automatische Anpassung der Steuerstufen verhindert hat, berechtigt. Weil die Teuerung für die unteren Einkommenschichten höher ist als für die oberen, hätte das von Finanzminister Hans Jörg Schelling favorisierte Modell tatsächlich Gutverdiener über Gebühr entlastet – manche Bezieher moderater Einkommen wären hingegen benachteiligt worden. Allerdings hätte sich diese „Umverteilung nach oben“in überschaubarem Rahmen gehalten.
Ein stärkerer Kompromiss wäre gewesen: eine automatische Anpassung, die jeder versteht, dafür im Gegenzug eine Senkung der Sozialbeiträge. Davon hätten auch jene Menschen etwas, die so wenig verdienen, dass sie gar keine Lohnsteuer zahlen – und bei der Abgeltung der kalten Progression nun durch die Finger schauen.