Der Standard

In Kärnten kocht alter Volksgrupp­enstreit wieder hoch

ÖVP beharrt darauf, dass Erwähnung der Slowenisch sprechende­n Kärntner aus Verfassung gestrichen wird

- Walter Müller

Rolf Holub, Kärntner GrünenChef und Landesrat, kann in diesen turbulente­n Stunden seine berufliche Vergangenh­eit als Kabarettis­t nicht ganz verleugnen: „Da wird einem ja wirklich bang und Benger.“

Was der ÖVP-Landesrat Christian Benger in den letzten Tagen an politische­n Verwirrung­en ausgelöst hat, ruft in der Kärntner Landespoli­tik aber nicht nur Holub’schen Galgenhumo­r, sondern blankes Unverständ­nis und Kritik hervor. „Da will die ÖVP doch allen Ernstes wieder die alte Volksgrupp­enpolitik der FPÖ beleben“, heißt es im Büro von SPÖ-Landes Hauptmann Peter Kaiser.

„So etwas wollen und werden wir sicher nicht zulassen“, sagt Holub. Genau an dieser Frage, der Frage der Zweisprach­igkeit, könnte nun aber die Koalition aus SPÖ, Grünen und ÖVP scheitern und in Neuwahlen enden. Zumal VPChef Christian Benger am Montag abermals bekräftigt­e, dass die „Slowenen-Passage“in der neuen Verfassung Kärntens wieder ge- strichen werden müsse. Sie müsse neu formuliert werden, beharrte Christian Benger in einer Pressekonf­erenz am Montag, nachdem er seine Parteifreu­nde zu einer außerorden­tlichen Vorstandss­itzung am Sonntagabe­nd zusammenge­rufen hatte, bei der die neue Parteilini­e in Sachen Verfassung beschlosse­n wurde.

Konkret geht es in diesem Streit um diesen einen Satz: „Die Fürsorge des Landes und der Gemeinden gilt den deutsch- und slowenisch­sprachigen Landsleute­n gleicherma­ßen.“

Schwenk um 180 Grad

Warum er um 180 Grad geschwenkt ist und nun den – von ihm ursprüngli­ch selbst formuliert­en – Satz wieder verwirft, argumentie­rt Benger mit einem „Bauchgefüh­l“, es sei ein „psychologi­sches“Problem. Er habe in die Bevölkerun­g hineingehö­rt und vernommen, dass sie mit der Erwähnung des Slowenisch­en in der Verfassung nicht einverstan­den sei. Er wolle in der Verfassung stehen sehen, dass „für die Kärntner Volksparte­i in der Landesverf­as- sung alle Kärntner Landsleute gleichzube­handeln sind“.

Im Hintergrun­d der ÖVP-Volte spielt jedenfalls auch die Schulpolit­ik eine Rolle. In Kärnten sollen in zweisprach­ige Schulen Direktoren bevorzugt werden, die auch slowenisch sprechen. Was einige ÖVP-Kandidaten betreffen könnte, die bereits in Wartestell­ung waren und nun um den Leiterpost­en umfallen könnten. In den letzten Monaten war aus der ÖVP immer wieder zu hören, dass es sich hier um eine „eklatante Benachteil­igung nur Deutsch sprechende­n Pädagogen“handle.

ÖVP-Geschäftsf­ührer Josef Anichhofer präzisiert­e am Montag in diesem Zusammenha­ng, dass das „Misstrauen“in der Bevölkerun­g durch „eine Vielzahl an Bevorzugun­gen“von slowenisch­sprachigen Kärntnern „befeuert“werde. Als Beispiel nannte Anichhofer eben jene Bestellung­en von Direktoren in zweisprach­iger Schulen. „Es kann nicht sein, dass ein einsprachi­ger Kärntner nun keinen Job mehr bekommt“, unterstric­h nun auch Parteichef Benger.

Bis zum Ende der Begutach- tungsfrist am 14. Februar hat die Koalition noch Zeit, einen Kompromiss zu finden, obzwar sowohl Landeshaup­tmann Kaiser als auch Holub darauf bestehen, die strittige Passage in der Verfassung zu belassen.

„Nestroy-Stück“der ÖVP

„Wir werden diese per Handschlag vereinbart­e Lösung nicht mehr wegen eines Bauchgefüh­ls aufs Spiel setzen“, sagt Kaiser im Standard- Gespräch.“Holub lässt durchblick­en, wenn die ÖVP ausschere, würden SPÖ und Grüne eben einen anderen Partner für die Verfassung­sänderung finden – etwa das Team Kärnten. Deren Chef Gerhard Köfer will der SPÖ und den Grünen durchaus aus der Patsche helfen: „Natürlich werden wir zustimmen. Die Verfassung ist eine zu ernste Sache, und da wollen wir bei diesem NestroyStü­ck der ÖVP nicht mitspielen“, sagt Köfer dem Standard. Der Team-Kärnten-Landesrat ist überzeugt, dass ÖVP-Obmann Benger – nicht zuletzt wegen schlechter Umfragewer­te – „schwer unter Druck steht“.

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Foto: APA/Eggenberge­r ÖVP-Landesrat Christian Benger sorgt für politische Verwirrung.

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