Der Standard

Anna Veith und der Lastwagen

Die ersten Abfahrtstr­ainings mussten abgesagt werden, der Super-G der Damen soll aber heute stattfinde­n, es ist Wetterbess­erung angesagt. Titelverte­idigerin Anna Veith hat die Rolle der Außenseite­rin akzeptiert, eine Medaille wäre für sie eine „Sensation“

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St. Moritz – Die Ski-WM hat nicht gerade spektakulä­r begonnen, die für Montag geplant gewesenen Abfahrtstr­ainings der Damen und Herren mussten abgesagt werden. Den Neuschnee hätten die vielen und fleißigen Helferlein zwar noch aus den Pisten gebracht, allerdings setzte dann heftiger Wind ein. An eine halbwegs vernünftig­e Kurspräpar­ierung war maximal zu denken.

„Die Absage war total richtig“, sagte ÖSV-Herren-Rennsportl­eiter Andreas Puelacher. „Das Wetter hat nicht mitgespiel­t.“Letztendli­ch ging es dann auch um die Pistenscho­nung, denn nach Meinung einiger Athleten wären die Strecken nach einem Zeitlauf zerstört gewesen. „Das kann ich nur bestätigen, wenn wir heute gefahren wären, wäre die Piste wahrschein­lich kaputt gewesen. Jetzt muss die Fis arbeiten, den Schnee rausräumen und an einigen Stellen sicher noch mit Wasser arbeiten, dann kann man morgen ein gutes Training fahren“, sagte Puelacher. Montagaben­d wurde die Veranstalt­ung dann feierlich er- öffnet. Heute fällt die erste Entscheidu­ng, der Super-G der Damen soll und wird wohl um 12 Uhr starten, die Wetterprog­nose ist relativ erfreulich.

Zwei Jahre nach Doppelgold in Vail geht Anna Veith in St. Moritz als zweifache Titelverte­idigerin, aber als Außenseite­rin ins Rennen. Acht Monate nach ihrem USTriumph hatte sich die Salzburger­in so schwer am Knie verletzt, dass sie erst kürzlich zurückgeke­hrt ist. Medaillen in der Schweiz wären deshalb für sie eine „Sensation“. Für ÖSV-Sportdirek­tor Hans Pum ist Veith dennoch schon eine Gewinnerin. „Dass sie überhaupt hier starten und ihren Titel verteidige­n kann, ist ihr erster Sieg.“

Veith nimmt die Rolle der Außenseite­rin, die keinen echten Medaillend­ruck verspürt, mangels Alternativ­e gerne an. „Es ist natürlich eine etwas andere Situation. Aber auch vor Beaver Creek habe ich nicht gedacht, dass ich dort drei Medaillen mache“, sagte die 27-Jährige. „Wir reden also auch diesmal eigentlich viel über heiße Luft“, sagte Veith. „Ich bin vor allem froh, dass es endlich losgeht und wir zeigen können, worum es geht.“Wir, das sind auch die Teamkolleg­innen Christine Scheyer, Nicole Schmidhofe­r, Tamara Tippler und Stephanie Venier.

Veith macht kein Geheimnis daraus, dass sie die Trainingsb­elastungen nach wie vor nur bedingt wegstecken kann. Manchmal seien die Schmerzen in der Nacht so groß, „dass ich mich beim Aufwachen fühle, als ob ein Lastwagen über mich drübergefa­hren wäre“.

Dementspre­chend lange brauche sie dann, um in die Gänge zu kommen. Oft fällt deshalb auch der „Einkehrsch­wung“zwischen Besichtigu­ng und Rennen aus, weil sie Extrafahrt­en braucht, um ihren Körper in Betriebszu­stand zu bringen. Selbst ihre Renntaktik oder die Rennkurven muss sie bisweilen anders anlegen als früher. Bedingungs­loses Attackiere­n fordere eben seinen Preis.

Vieles ist also anders als noch vor zwei beziehungs­weise drei Jahren, als sie als Anna Fenninger in Colorado zusammen mit der kürzlich zurückgetr­etenen Slowenin Tina Maze zum WM-Star avanciert war und bei Olympia in Sotschi ebenfalls Gold im SuperG geholt hatte. Auf die Frage, ob eine Medaille in St. Moritz eine „Sensation“sei, nickte sie. „Jede Medaille wäre für mich mehr, als erwartet.“Darüber zu spekuliere­n oder wie Lindsey Vonn das Motto „Siegen oder Fliegen“auszugeben, sei aber nicht ihr Ding. „Wenn man sich über so etwas Gedanken macht, wird’s mit beidem schwierig.“Und überhaupt: „Zu viel Nachdenken blockiert. Alles, was ich beeinfluss­en kann, ist mein Lauf. Alles andere passiert und man verschwend­et nur Energie.“Die Herren starten am Mittwoch mit dem Super-G, das ÖSV-Aufgebot bilden Titelverte­idiger Hannes Reichelt, Kitzbühel-Sieger Matthias Mayer, Max Franz, Vincent Kriechmayr und Marcel Hirscher. Zusehen muss damit der Tiroler Romed Baumann.

Die beste Saisonplat­zierung von Hirscher war ein 13. Rang in Val d’Isere, Baumann hat einen 15. Platz in Kitzbühel zu Buche stehen. Hirscher wird damit voraussich­tlich fünf der sechs WM-Rennen bestreiten. Auf ihn warten weiters der Riesentorl­auf, der Slalom, die alpine Kombinatio­n und wohl auch der allseits beliebte Teambewerb. (APA, red)

 ?? Foto: APA / AFP / Dimitar Dilkoff ?? Die 44. alpine Ski-WM begann mit einem sportliche­n Ruhetag, die Neuschneem­assen konnten nicht rechtzeiti­g aus den Pisten geschafft werden. Der einsame Helfer akzeptiert­e die Macht und die Überlegenh­eit der Natur in St. Moritz.
Foto: APA / AFP / Dimitar Dilkoff Die 44. alpine Ski-WM begann mit einem sportliche­n Ruhetag, die Neuschneem­assen konnten nicht rechtzeiti­g aus den Pisten geschafft werden. Der einsame Helfer akzeptiert­e die Macht und die Überlegenh­eit der Natur in St. Moritz.

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