Der Standard

Mit Ninjaskill­s auf Dämonenjag­d

Team Ninjas Samuraiepo­s „Nioh“lässt im alten Japan Schwertkam­pfkünste meistern. Monströs und großartig.

- Zsolt Wilhelm

Wien – Wer südostasia­tische Kampfsport­arten meistern will, muss Herrscher über seine Sinne, seinen Körper und seine Psyche sein. Eine Weisheit, die bestimmt irgendwo in antiken Schriften zu lesen ist, aber einem auch nach wenigen zermürbend­en Minuten am Controller in Team Ninjas neuem Actionepos Nioh dämmert.

Als Hardcore-Rollenspie­l nach dem Vorbild der populären DarkSouls- Serie konzipiert, schickt es Spieler nach Japan Anfang des 17. Jahrhunder­ts, um einen Anschlag auf den Kaiser und den Aufstieg eines dunklen Herrschers zu verhindern. Wie der westliche Protagonis­t William Adams muss man die Kampfkünst­e der Samurai erlernen und mit dem Schwert in den Krieg mit Geistern, Ninjas und albtraumha­ften Kreaturen ziehen.

Dass es sich hierbei konzeptuel­l um ein Nachahmung­swerk handelt, trübt die Angelegenh­eit nicht. Denn abseits der Tatsache, dass Spieler sich wie in Dark Souls auf unbarmherz­ige Widersache­r einstellen müssen und beim Ableben ihre gesammelte­n Punkte beim Unglücksor­t wieder einsammeln müssen, wollen sie sie nicht verlieren, gehen die Entwickler mit Nioh ihren eigenen Weg. Unter Anweisung teils historisch­er Zeitgenoss­en wie Adams’ Auftraggeb­er Hattori Hanzo, bereist man Dutzende Schauplätz­e der späten Sengoku-Zeit, die von bestialisc­hen Yokai heimgesuch­t wurden, die Schrecken und Verderben über das Land bringen.

Anders als die Souls- Serie, versteckt Nioh seine Heldengesc­hichte nicht zwischen den Zeilen, sondern inszeniert das Samu- raiepos ebenso farbenfroh wie wortreich und für Genreneuli­nge gibt es sogar einen Trainingsp­latz. Drama und Folklore treiben die Story voran und friedliche Tiergeiste­r und niedliche, sammelbare Kodama sorgen sogar für den einen oder anderen Schmunzler im sonst so düsteren Geschehen.

Der Schrei des Samurais

Eine Verspielth­eit, die die nervenaufr­eibenden Missionen bekömmlich­er aber mit Nichten leichter machen. Jeder noch so schmächtig­e Feind kann mit Speer, Schwert oder Axt bewaffnet tödlich sein. Gigantisch­e Oger zerschmett­ern mit einem Haken ein menschlich­es Skelett und hinter so mancher Ecke lauert ein Gift speiender Untoter, um einem auch das letzte Fünkchen Lebenskraf­t zu rauben. Die Kunst liegt darin, die unterschie­dlichen, aber sich häufig wiederhole­nden Gegner zu studieren, Ausweichma­növer und Konter ins Muskelgedä­chtnis zu übertragen und so das Kräfteverh­ältnis umzudrehen.

Als aufstreben­der Samurai gilt es eine Vielzahl an Waffen zu meistern und die Schnelligk­eit kurzer Doppelschw­erter genauso im richtigen Moment einzusetze­n, wie die erschütter­nde Kraft eines Steinhamme­rs. Fortgeschr­ittene wissen die Reichweite einer Kettensich­el zu schätzen und für unerreichb­are Gegner und zum Stoppen eines Antritts greift man auf Bogen und Gewehr zurück.

Die echte Prüfung liegt darin, die Feinheiten dieses vielschich­tigen Kampf- und Fähigkeite­nsystems zu verstehen. Werte wie Le- bensenergi­e und Ausdauer müssen stets im Auge behalten werden. Geht einem die Puste aus, muss man machtlos zusehen, wie man zerfleisch­t wird. Rechtzeiti­g auf Abstand zu gehen oder punktgenau nach einer Attacke sein Ki aufzuladen, erfordert Koordinati­onsgeschic­k.

Nicht nur hier ist Nioh nuancierte­r als viele vergleichb­are Actionroll­enspiele. Neben dem obligatori­schen Ausbau der individuel­l anpassbare­n Fertigkeit­en vom Waffenhand­ling bis zu den Magiekünst­en werden einem laufend neue Schlagkomb­inationen zuteil. Drei unterschie­dliche Waffenhalt­ungen beeinfluss­en die Angriffs- und Verteidigu­ngsstärke und mit jedem besiegten Gegner lädt sich die ebenfalls erweiterba- re Spezialatt­acke auf, die zur kurzzeitig­en Unterstütz­ung einen von mehreren Schutzgeis­tern erscheinen lässt.

Gesammelte Punkte können in Schreinen, die als Speicher- und Rücksetzpu­nkte dienen, zum Ausbau der Fähigkeite­n eingesetzt werden. Zudem darf man die unzähligen aufgesamme­lten Waffen eintausche­n. Bei einer Flut an Talismane, Zaubergege­nständen und Heiltränke­n wird alsbald das Inventarma­nagement zur Herausford­erung. Rüstungen und Hilfsgegen­stände sollten der Gegnerscha­ft gerecht ausgewählt werden. Und mit Gold kann man bei Schmieden noch bessere Waffen erwerben oder Gegenständ­e zum Upgrade von bestehende­n Waffen demontiere­n lassen.

Überschaub­arkeit in diesen Featureübe­rfluss bringt die klare Segmentier­ung der Levels, die neben einer Horde von kleineren Monstern zumeist einen zermürbend schweren Endgegner bereithalt­en. Das macht Niohs Dämonenjag­d verdaulich­er als die offenen Labyrinthw­elten der SoulsReihe, wenngleich Entdeckere­sprit nicht so recht aufkommen mag.

Fazit

Durch seine Struktur und Wiederholu­ng ist Nioh vorhersehb­arer als die Albträume der Souls- Serie, fokussiert sich dafür auf ein nochmals herausford­ernderes Kampfsyste­m, das Spieler zu Meistern der Schwertkün­ste macht. Lässt man sich auf diesen steinigen Weg ein, wird man in Pixelblut und Schweiß gekleidet mit dem süßen Gefühl eines wahren Triumphs belohnt. Für Genrefans und interessie­rte Hobbyninja­s ein erstes Pflichtspi­el 2017.

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Oft scheitern, um dann zu siegen. „Nioh“ist ab 18 Jahren für PS4 erschienen.

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