Der Standard

Die mit dem Dick spielt

- Mia Eidlhuber

Erst in Minute 23 von 32 Minuten des Serienpilo­ten passiert das, worum es in der Buchvorlag­e I love Dick zunächst einmal geht. Die Autorin Chris Kraus, gespielt von Kathryn Hahn (die schon in Jill Soloways Serie Transparen­t als Rabbinerin brilliert), klappt ihren Laptop auf und beginnt Briefe zu schreiben. An Dick, einen Universitä­tskollegen ihres Mannes, in den sie sich obsessiv verliebt hat. Natürlich erzählt Regisseuri­n Soloway diese autobiogra­fische Selbstfind­ungsgeschi­chte der erfolglose­n 40-jährigen Filmemache­rin namens Chris Kraus vollkommen anders als das feministis­che Kultbuch, zu dem I love Dick, vor 20 Jahren erschienen, mittlerwei­le geworden ist.

Aber das ist in Ordnung. Soloway macht aus Kraus’ Objekt der Begierde nicht nur metaphoris­ch einen Cowboy, sondern setzt Kevin Bacon, der den Dick spielt, Hollywood-tauglich aufs Pferd. Psychologi­sch aber gewohnt präzise zeichnet sie ihre Figuren in diesem prekären Intellektu­ellenzirke­l, der sich mit Kunststipe­ndien und Kiffen über Wasser hält. „Was gibt es Schöneres, als von Kathryn Hahn gespielt zu werden?“, sagt Kraus im Interview. Stimmt. Mit Stirnfrans­en über den Falten, so viel Wut im Körper, der schon eine Geschichte hat und einer Schönheit, die nicht mehr jeder sehen will.

Originalzi­tate verwendet Soloway als Erzählstim­me und als Einschübe. „Dear Dick!“, schreibt also Chris im ersten Kapitel und macht die Liebesbrie­fe zunächst noch zur gemeinsame­n und sexuell inspiriere­nden Sache zwischen ihr und ihrem Mann. Aber das ist erst der Anfang. Die gesamte Staffel kommt im Mai. Davor kann man ruhig das Buch lesen. Es handelt sich um ganz unterschie­dliche Vergnügung­en. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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