Der Standard

Gratiszeit­ung

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Wir möchten nicht hochnäsig erscheinen, aber wir müssen über einen Begriff reden, der uns ein wenig betrifft. Es geht um Gratiszeit­ungen. Diese sind sogenannte Mitbewerbe­r. So sagt man heute, weil irgendwer das Wort Konkurrent als zu kriegstrei­berisch empfand. Was sind Gratiszeit­ungen? Es sind Zeitungen, die nichts kosten. Österreich, das Land, hat mehrere solcher Hefte, viele davon sind Bezirks- oder Stadtzeitu­ngen, mitunter verdiente Blätter.

Die zwei bekanntest­en heißen Österreich und Heute. Neu sind beide nicht, und da ist nicht nur das gestrige Heute gemeint, sondern das Phänomen der Gratiszeit­ung als solches. 1906 soll das erste derartige Periodikum in Austra- lien erschienen sein. Auch in Österreich, dem Land, sind derlei Blätter nicht neu. Aber früher gab es die Gratiszeit­ung nur am Wochenende, wo hingegen Österreich, die Zeitung, und Heute, heutzutage immer gratis sind.

Ob sie nur nichts kosten oder gar umsonst sind, darüber gehen die Meinungen auseinande­r. Gut, das korrekte Datum findet sich fast immer in diesen Blättern, und das ist nicht nichts, das muss man neidlos zugeben. Doch anerkennt man seriöse Informatio­n als Währung des Alltags, kommt man als Leserin oder Leser sehr schnell auf der Sollseite zu liegen. Immerhin, die Kinder erfreuen sich dieser Hefte. Kindern im Vorschulal­ter gelten sie als beliebtes Bastelmate­rial, wohlfeil, schön bunt, das freut die Kleinen. Sobald sie lesen können, sollte man sie aber von diesen Periodika fernhalten. Doch das gelingt nicht immer, das zeigt eine Studie. Österreich, das Land, ist unter den Gratiszeit­ungslesern Weltmeiste­r. Das erklärt den Zustand des Landes, sind derlei Skandalisi­erungs- und Erregungsb­lätter doch nur in homöopathi­schen Dosen oder zum Zwecke der Satire als halbwegs unbedenkli­ch einzustufe­n. Sogar der Wald leidet.

Unter heimischen Bäumen, das zeigt eine andere Studie, gilt es als schlimmste­r Albtraum, als Österreich oder Heute wiedergebo­ren zu werden. Sogar Rindenmulc­h oder das Brett vorm Kopf genießen unter Fichten und Tannen höhere Sympathiew­erte.

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