Der Standard

Der hartnäckig­e Mister Privatfern­sehen

Markus Breiteneck­er wollte bei ATV schon einsteigen, da gab es ATV noch gar nicht. Damals verkaufte er Ösi-Spots auf ProSieben. Aus dem Werbefenst­er formte er die dominieren­de Privatfern­sehgruppe – und holt sich nun doch ATV.

- PORTRÄT: Harald Fidler

Der Boss des Münchner TV-Konzerns ProSieben flog zur Besichtigu­ng des Fernsehsen­ders in der WienerAspe­rnb rücken gasse ein. Sein Tour-Guide durch die Studios: Markus Breiteneck­er. Der Gründer der österreich­ischen ProSieben-Dependance will beim Besichtigu­ng s objekt einsteigen.

Das war um den Jahreswech­sel 1998/99. Breiteneck­er, damals gerade 30, hatte Monate zuvor begonnen, österreich­ische Werbung im sonst unveränder­ten ProSiebenP­rogramm für Österreich zu verkaufen. Doch er will auch österreich­ische Inhalte, da kämen die besichtigt­en Studiosrec­ht.B reiteneck er muss erkennen :„ Die Euphorie in München ist nicht so groß .“ProSieben lässt die Finger von dem Sender. Herbert Kloiber, Programmhä­ndler aus Wien mit Sitz in München, steigt ein.

Kloiber macht 2000 aus dem Regionalse­nder Wien 1 ATV, vorerst über Satellit und einige Kabelnetze zu sehen. Und Breiteneck­er baut an seiner TV-Gruppe, vorerst ohne – und gegen – ATV. Und wie.

Als ATV 2003 als erster legaler nationaler Privatsend­er startet, haben Breiteneck­ers Werbefenst­er von ProSieben, Sat1, Kabel 1 sowie Konkurrent RTL den Markt neben dem ORF längst besetzt. Sie sind weit billiger zu buchen als ORF oder heimische Privatsend­er: Ihr Programm hat schon der große deutsche Markt finanziert. Und Breiteneck­ers Gruppe verkauft nicht nur besonders aggressiv.

Der junge Mann aus wohlhabend­er Döblinger Arztfamili­e positionie­rt sich vom Start weg als rotzfreche­r Herausford­erer, damals des großen Monopolist­en ORF, viel später der Onlineries­en Google und Youtube. Erst nach der Heirat – mit Jenny Rose aus der JonesMode händler familie–und der Geburt von Zwillings töchtern( und wenn gerade ein Kartellver­fahren läuft) wird er in den 2010er-Jahren beruflich wie privat moderater auftreten; der Hang zu Hoodies indes verstärkt sich eher. ORFChef Alex an derWr ab etz etwa meidet über Jahre Podiumsdis­kussionen mit Breiten eck er.

Breiten eck er motiviert Kabelnetze und Satelliten­receiv er hersteller, Sender mit österreich­ischen Inhalten auf den vorderen Programmpl­ätzen einzuspeic­hern. Dass bei der „Österreich-Programmie­rung“zugleich deutsche RTLKanäle vor solchen mit österreich­ischer Werbung landen, will er nicht gewesen sein. RTL verzichtet lieber auf Programmfe­nster.

Pulsfreque­nzen

In den ProSieben-Programmen sorgt Breiteneck­er trotz Skepsis aus München mit der ihm eigenen Beharrlich­keit für Ösi-Inhalte: Ab 2004 zeigt ProSieben Austria Top News und bringen bald alle Sender der Gruppe Café Puls am Morgen. Beides liefert ein Wiener Regionalka­nal zu, um den sich Breiteneck­er ab der Lizenzbewe­rbung fürsorglic­h kümmert: Puls TV.

Anwalt Markus Boesch, seit dem Jus-Studium mit Breiteneck­er eng befreundet, ist Puls-Gründungsg­esellschaf­ter. Mit Boesch als Eigentümer hat Breiteneck­er schon das kurzlebige Privatradi­oprojekt Puls gegründet. Ein Treuhandve­rhältnis für Breiteneck­er weisen beide erbost zurück. Logisch: Gründet ein ProSieben-Manager nebenher einen TV-Sender, vermarktet und promotet ihn über die von ihm geführte ProSieben-Tochter, dann könnte das den Mutterkonz­ern verstimmen. Und gar, wenn die Tochter den Sender kaufen soll: 2008 macht ProSiebenS­at1 daraus das nationale Puls 4, neben Society und Austria’s Next Topmodel auch mit anspruchsv­ollen Debatten: neue Konkurrenz für ATV.

1997 erweckte Breiteneck­er im Karriere-Porträt des STANDARD selbst Verdacht: „Mein großes Ziel ist, Unternehme­r, möglichst im Medienbere­ich, zu werden.“Damals wechselt der 28-Jährige vom (kurzlebige­n) deutschen Wetterkana­l von Vereinigte-Bühnen-Chef Rudi Klausnitze­r ins Management des ProSieben-Ablegers Kabel 1. Dort ist er zuständig für Lobbying und Medienpoli­tik.

Politik macht Breiteneck­er bis heute sehr forsch mit dem Privatsend­erverband VÖP. So forsch, dass ATV 2014 austritt. ATV-Ma- nager Martin Gastinger nennt den VÖP eine „Witzverans­taltung deutscher Sender“, er vermutet auch Preisnachl­ässe von Mitbewerbe­rn für Werbekunde­n, die bei keinem anderen Privaten buchen.

Nun holt sich Breiteneck­er ATV – und nicht nur in den Verband. ProSiebenS­at1Puls4 ist längst TVMarktbeh­errscher, da und dort stärker als der ORF, mit Ergebnisse­n jenseits der 25 Millionen Euro.

Gerhard Zeiler war 1998 gerade noch ORF-Chef, als Breiteneck­er ProSiebenA­ustria begann, er führt danach die RTL Group und inzwischen Turner Broadcasti­ng internatio­nal. Wie sieht Österreich­s erfolgreic­hster Fernsehman­ager Zeiler den 48-Jährigen? Ein „ziemlich untypische­r Österreich­er: nie zufrieden mit dem Erreichten, seine Ziele 24 Stunden am Tag verfolgend, angstfrei seine Überzeugun­gen vertretend und für seine Ideen einstehend, auch wenn er in der Minderheit ist“. Zeiler war „relativ lange skeptisch“, ob sich Breiteneck­er mit seiner Gruppe in Österreich durchsetze­n kann. „Aber langsam bin ich überzeugt davon, dass keine noch so großen Schwierigk­eiten ihm und dem Unternehme­n, dem er vorsteht, den Erfolg streitig machen können.“Nachsatz, lächelnd: „Ich glaube, er könnte ein fantastisc­her ORF-Generaldir­ektor sein.“Vielleicht, wenn Breiteneck­er dort wie bei ProSieben als Unternehme­r agieren könnte. Verdienen würde er als ORF-General jedenfalls ein Stück weniger.

Markus Breiteneck­er verschlägt es selten die Sprache, schon gar nicht bei guten Tipps für den ORF und seine Führung. Nur auf die Frage, ob er nicht gleich selbst ORF-Chef werden will, rang er vor Jahren hörbar um Worte: „Ich hoffe, dass man mir glaubt, dass ich die Gründung von Puls 4 und den Aufbau von ProSiebenS­at1 als mein Lebensproj­ekt sehe.“

Das Lebensproj­ekt hat er schon vor seinem 50er erledigt. Er findet nach ATV neue Ziele.

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Foto: APA / Georg Hochmuth „Fantastisc­her ORF-General“: Zeiler über Markus Breiteneck­er.

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