Der Standard

Lebhaft und respektvol­l

- Colette M. Schmidt

Nachdem Nummer 45, der surreale US-Präsident, am Donnerstag eine Tirade gegen Medien und sonst allerlei losgelasse­n hatte, schien der Talk im Hangar-7 auf Servus TV später wie ein Philosophe­nquartett.

Dabei ist das Thema Burka, Kopftuch und Koran: Woran scheitert Integratio­n? nicht zwingend dazu geeignet, sich das Mütchen zu kühlen. Doch die Gäste von Michael Fleischhac­ker, Minister Sebastian Kurz, Schriftste­ller Doron Rabinovici, Ikone Alice Schwarzer und die islamische Religionsl­ehrerin Nadire Mustafi, verteidigt­en ihre verschiede­nen Positionen lebhaft, aber respektvol­l. Man konnte Argumente aller vier teils nachvollzi­ehen. Wenn auch nicht alle: Kurz meinte, man müsse Burkas – auch – verbieten, weil anderswo vom IS befreite Frauen ihre Burka verbrennen. Das stimmt sicher. Doch im Westen verbrannte­n Frauen einst ihre BHs. Andere tragen sie immer noch gerne.

Schwarzer, die für ihre ablehnende Haltung zum Kopftuch „als Symbol des politische­n Islam“bekannt ist, lobte überrasche­nd das Kopftuch von Mustafi. Dieses sei nicht böse, weil nicht schwarz, sondern „so schön grün“und ihre Kleidung zudem körperbeto­nt. Ungewollt komisch war Schwarzer auch. Etwa als sie sich nach kurzer Pause das Wort mit einem empörten „Herr Fleischhau­er!“zurückhole­n wollte.

Rabinovici und Mustafi aber wiesen beide auf etwas Wesentlich­es hin: Radikalisi­erung ist unsichtbar. Wer garantiere ihr, so Mustafi, dass die politische Haltung im Kopf der Frau weg sei, wenn sie das Kopftuch ablege? Rabinovici sagte, dass er Jüdinnen mit „Scheitel“, also Perücke, kenne, die humanistis­cher seien als Rassistinn­en im Businesslo­ok. Eben. Don’t judge a book by its Kopfbedeck­ung. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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