Der Standard

Doskozil im Volleinsat­z

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Im Juli 2002 gab es bei Wolfgang Schüssel ein „Kanzlerfrü­hstück“. Der damalige Verteidigu­ngsministe­r Herbert Scheibner fand sich ein mit dem Glauben: Wir kaufen den schwedisch­en Gripen als Abfangjäge­r. Die Generäle mit den Unterlagen saßen auch schon im Vorzimmer. Aber irgendwie war da auch der junge Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser, derjenige mit der vermutlich längsten Unschuldsv­ermutung der Welt, und plötzlich hieß es: Es wird der Eurofighte­r. chnitt: 15 Jahre später rollt der nunmehrige Verteidigu­ngsministe­r HansPeter Doskozil den Fall noch einmal auf und klagt die Hersteller­firma Airbus wegen allem, was gut und teuer ist.

Das ist Doskozils bisher stärkster Auftritt. Der ehemalige burgenländ­ische Polizeioff­izier und Mitarbeite­r von Landeshaup­tmann Hans Niessl begnügt sich nicht – wie so viele seiner Vorgänger –, den Mangel beim Bundesheer zu verwalten und schlecht überlegte politische Vorgaben (Volksbefra­gung über Berufsheer) nachzuvoll­ziehen, sondern er macht etwas aus seinem Amt.

Auf der einen Seite hat er es offenbar geschafft, die finanziell­e Aushungeru­ng des Heeres zu beenden und genügend Mittel für den Ankauf neuerer Systeme und für eine dringend notwendige Kasernenre­novierung zu bekommen. Ein Heer am Krepierhal­fter macht auch den ganzen Staat unglaubwür­dig. Es wird mehr und mehr Auslandsei­nsätze geben, und dazu benötigt man Spezialtru­ppen und Spezialger­ät.

Doskozil hat sich auf EUEbene erbötig gemacht, mit ös-

Sterreichi­schen Jagdkomman­dos die Flüchtling­sschlepper im Mittelmeer zu bekämpfen. Da ist noch einiges unklar, denn die Schlepper bleiben schön an Land und setzen sich nicht selbst in die Boote. Aber wenn die EU ihre Pläne wahrmachen sollte, in Tunesien oder vielleicht sogar Libyen Auffanglag­er zu errichten, um die Migrations­ströme aus der Subsahara zu screenen und großteils wieder zurückzusc­hicken, dann wird man sehr wohl Spezialtru­ppen in dieser äußerst gefährlich­en Gegend zum Schutz der Einrichtun­g brauchen.

Zweitens will Doskozil im Inland aus dem Bundesheer eine Art „schwere Polizei“machen, mit „Schutzausr­üstung und Gruppenfah­rzeugen für Crowd-and-Riot-Control-Einsätze“. Wenn man es nicht für ganz ausgeschlo­ssen hält, dass es einmal darum gehen wird, gewalttäti­ge Demos von Erdogan-Anhängern (bzw. ihren Gegnern) im Zaum zu halten, klingt das plausibel. Aber es ist hochbrisan­t, und niemand kann garantiere­n, dass ein Kanzler Heinz-Christian Strache nicht davon exzessiv gegen inländisch­e Demos Gebrauch machen würde.

Doskozil will außerdem weiter „massive Grenzkontr­ollen“und setzt Bundesheer­soldaten an der ungarisch-serbischen Grenze dazu ein. Auch das kann man als zu große Nähe zu einem autoritäre­n Regime wie in Ungarn auslegen. orläufig sollte man dem Minister aber nicht mehr unterstell­en als den Wunsch, dass das Heer nicht ein Witz sein und die SPÖ nach rechts abgesicher­t sein soll. Ein kompetente­r Sicherheit­sminister ist nichts Schlechtes, auf allfällige Grenzübers­chreitunge­n muss man achten. hans.rauscher@derStandar­d.at

VCartoon: Rudi Klein (www.kleinteile.at)

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